Alles wurde unaufhörlich teurer, 1922 wohlgemerkt. Auch für Albin Müller, den letzten leitenden Architekten der Künstlerkolonie Darmstadt, der spürbar unter den Folgen der galoppierenden Inflation vor hundert Jahren litt. Das Honorar, eben noch ausgehandelt mit seinen Auftraggebern, war nach Fertigstellung seiner Entwürfe kaum noch etwas wert. Nur mühsam hielt er sich und seine Famile noch über Wasser. In seiner Autobiographie „Aus meinem Leben“ erinnert sich der Künstler viele Jahre später, dass die Preise aller lebensnotwendigen Materialien Anfang der Zwanziger Jahre so hoch stiegen, „daß die meisten Deutschen sie nicht zahlen konnten. So war es auch mit dem Holz. Es wurde so teuer, daß viele die Kosten für den Sarg ihrer Verstorbenen nicht mehr aufbringen konnten. In den Großstädten wurde vielfach ein Sarg nur als A[t]trappe zur Aufbahrung benutzt, der Tote aber ohne Sarg beerdigt.“
Da kam ihm eine Geschäftsidee.
Not macht erfinderisch: Albin Müllers Billigsärge weiterlesenDiese Notlage brachte mich auf den Gedanken, eine Sargform zu schaffen, bei dem nur ein ganz geringes Quantum Holz als dünnes Leistengestell gebraucht wurde, das übrige aber aus Papierfaserstoffgewebe – Ersatz für Leinwand – bestand. #/# (Albin Müller, S. 161)