Schlagwort-Archive: Künstlerkolonie

Haus Olbrich 1901 bis 2023: Eine Zeitreise in Bildern

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Kehraus zur Fastnacht: Die Baustellen-Revue

Februar und Fastnacht: Das ist traditionell der Monat und die Zeit der Reinigung. Zwischenzeit. Das alte Jahr ist nun tatsächlich Vergangenheit, vorbei. Das neue hat noch nicht so ganz begonnen. Daher hier ein letzter Blick zurück auf die schönsten Baustellen-Momente von der Mathildenhöhe. Darmstadts Weltkulturerbe war vor allen Dingen 2022 vielerorts verhüllt, versperrt und eingerüstet. Danach machen wir aber ganz schnell die Augen zu und freuen uns auf unser bald komplett saniertes Schmuckstück. Denn in 2023 wird sie so glänzen und strahlen wie nie, unsere Mathildenhöhe!

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Museum Künstlerkolonie: Einladende Eleganz von Joseph Maria Olbrich

Es gibt einen Ort auf der Mathildenhöhe, der jetzt in der Wintersaison einen Besuch besonders wert ist: das Museum Künstlerkolonie im Ernst Ludwig-Haus. Neben dem Vorteil warmer Zimmertemperaturen sprechen dafür gleich mehrere Gründe:

  • Es ist von der regen Bau- und Sanierungstätigkeit auf dem Welterbe-Hügel nicht betroffen und ohne Einschränkungen in ganzer Pracht zu besichtigen.
  • Die Auszeichnung zum Welterbe hat stark die Architektur in den Mittelpunkt gestellt. Es wäre mal wieder an der Zeit, sich mit den ebenfalls beeindruckenden Möbelentwürfen und Dekorationen für den Innenraum zu beschäftigen. Schließlich war alles von den innovativen Geistern der Künstlerkolonie als Gesamtkunstwerk konzipiert.
  • Das Große Haus Glückert wird zukünftig genau diesen Einblick in die Gestaltung des Innern erlauben, momentan bleibt die wunderbare Eingangstür unter dem Rundbogen wegen Sanierung jedoch noch geschlossen.

Wer das Konzept der Halle, typisch für die Künstlervillen von Joseph Maria Olbrich, selbst erleben will, der kann das zurzeit nur im Museum Künstlerkolonie tun und dabei sogar auf originalen Möbeln des Meisters Platz nehmen.

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Jubiläum: 3 Jahre 23 Quer! „Best Of“ mit 23 Lesetipps

Er liest sich wie aus einer anderen Zeit: Der erste Beitrag für 23 Quer im Januar 2020 zählte die Tage bis zur erwarteten UNESCO-Entscheidung über das Welterbe „Mathildenhöhe Darmstadt“. Für den Sommer des gleichen Jahres war das geplant. Doch dann sollte alles anders kommen. Corona überschattete bald das Leben aller – und wurde zur Herausforderung auch für 23 Quer: eine Online-Publikation, die mehr ist als ein Blog. Es ist ein kleines digitales Magazin, geschrieben aus den Reihen der Freunde der Mathildenhöhe. Dem Verein, der die Stadt viele Jahre kräftig unterstützt hat auf ihrem erfolgreichen Weg zum Weltkulturerbe. 23 Quer informiert über Geschichte und Gegenwart, lädt zum Flanieren ein und stellt all jene vor, die sich privat wie beruflich an den unterschiedlichsten Stellen für die Mathildenhöhe einsetzen.

Jeden Monat (jedenfalls meistens) erscheinen drei Artikel. Da kommt in 3 x 12 Monaten und drei Jahren jede Menge Lesestoff auf 23 Quer zusammen. Zum Jubiläum gibt es jetzt für Sie eine Spezial-Auswahl von 23 Artikeln zur Mathildenhöhe, die besonders lesenswert waren und es immer noch sind:

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Das Familiengrab Glückert: ein Kunstwerk von Olbrich

Die Grabstätte Glückert auf dem Alten Friedhof Darmstadt: Jugendstilkunst.

Die Künstlerkolonie Darmstadt hat nicht nur auf der Mathildenhöhe Spuren hinterlassen, sondern auch auf dem Alten Friedhof am Herdweg. So ist Joseph Maria Olbrich nicht nur selbst auf diesem Friedhof begraben (Grabstelle IV C 11), sondern hat dort zu Lebzeiten auch ein einmaliges Kunstwerk des Jugendstils geschaffen: das Grabmal für die Familie Glückert (Grabstelle I G 101).

Fünf Menschen haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden, darunter auch Julius Glückert – der Möbelfabrikant, der gleich zwei der Künstlervillen auf der Mathildenhöhe seinen Namen gegeben hat: Im Kleinen Glückerthaus wohnte er mit seiner Familie. Das Große Haus Glückert gleich nebenan diente über mehrere Etagen als Ausstellungsgebäude für seine modernen vom Jugendstil und den Entwürfen der Künstlerkolonie inspirierten Möbeleinrichtungen. Er genoss internationale Anerkennung, war auf den Weltausstellungen 1900 in Paris und 1904 in St. Louis vertreten und belieferte sowohl den russischen Zarenhof wie das niederländische Königshaus.

Er selbst wurde als letzter seiner Familie 1911 auf dem Alten Friedhof in dieser Grabanlage beigesetzt, die Olbrich bereits um 1901 für ihn entwarf. Der berühmte Architekt war zur Beisetzung des Möbelfabrikanten schon tot, gestorben 1908 mit gerade mal vierzig Jahren.

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Tourismus-Botschafter der Mathildenhöhe: Im Gespräch mit den Guides

Die Mathildenhöhe war 2022 ein beliebtes Ausflugsziel für Besucher und Besucherinnen aus nah und fern. Nach langen zwei Corona-Jahren zog es wieder viele Menschen hinauf zu dem einmaligen Ensemble aus Architektur, Skulptur und Gartenanlagen. Doch 2022 war für die Mathildenhöhe zugleich ein Jahr des Übergangs. Am Besten können uns noch die vom Musenhügel berichten, die im vergangenen Jahr nahezu täglich Gruppen über das noch junge UNESCO-Welterbe informiert haben: die Gästeführer der Stadt Darmstadt. Mit drei von ihnen hat 23 Quer gesprochen:

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Mathildenhöhe 2023: Das wird ein Mega neues Jahr!

Ein Vorgeschmack auf 2023: die frisch sanierte Decke im Ausstellungsgebäude.

Während 2022 vor allen Dingen als das Jahr der Baustellen in die Geschichte der Mathildenhöhe eingeht, wird 2023 wohl das Jahr der großen Fertigstellung werden. Voraussichtlich wird im Juni das Außengelände der Mathildenhöhe wieder komplett hergestellt sein, die vielen Baustellenzäune damit der Vergangenheit angehören. Auch der Platanenhain wird im Frühsommer, deutlich früher als geplant, saniert und wieder zugänglich sein.

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Lebensechter Grabstein: Relief von Ludwig Habich

Der November ist traditionell der Monat, in dem 23 Quer gerne mal schaut, was die Mathildenhöhe und die Künstlerkolonie zum Thema Tod und Gräber, zu Särgen und Grabsteinen beizutragen haben. Insgesamt sechs Künstler aus der Riege der Ausstellungsmacher von 1901 bis 1914 fanden in Darmstadt und Umgebung ihre letzte Ruhe (Joseph Maria Olbrich, Ludwig Habich und Daniel Greiner sowie Albin Müller, Heinrich Jobst und Christian Heinrich Kleukens). Zu ihren Lebzeiten waren sie oft auch Gestalter von Ruhestätten zu Ehren anderer Toten. Wie etwa der Bildhauer Ludwig Habich, der auf dem Alten Friedhof von Darmstadt eben nicht nur selbst begraben ist (Grabstelle I D 121a), sondern sich dort auch künstlerisch verewigt hat. Von ihm stammt das Bronzerelief, das den Grabstein des Darmstädter Schriftstellers Gottfried Schwab ziert (Grabstelle IV Mauer 116) und ein sehr lebensechtes Portrait von ihm zeigt:

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Alles wurde unaufhörlich teurer, 1922 wohlgemerkt. Auch für Albin Müller, den letzten leitenden Architekten der Künstlerkolonie Darmstadt, der spürbar unter den Folgen der galoppierenden Inflation vor hundert Jahren litt. Das Honorar, eben noch ausgehandelt mit seinen Auftraggebern, war nach Fertigstellung seiner Entwürfe kaum noch etwas wert. Nur mühsam hielt er sich und seine Famile noch über Wasser. In seiner Autobiographie „Aus meinem Leben“ erinnert sich der Künstler viele Jahre später, dass die Preise aller lebensnotwendigen Materialien Anfang der Zwanziger Jahre so hoch stiegen, „daß die meisten Deutschen sie nicht zahlen konnten. So war es auch mit dem Holz. Es wurde so teuer, daß viele die Kosten für den Sarg ihrer Verstorbenen nicht mehr aufbringen konnten. In den Großstädten wurde vielfach ein Sarg nur als A[t]trappe zur Aufbahrung benutzt, der Tote aber ohne Sarg beerdigt.“

Da kam ihm eine Geschäftsidee.

Diese Notlage brachte mich auf den Gedanken, eine Sargform zu schaffen, bei dem nur ein ganz geringes Quantum Holz als dünnes Leistengestell gebraucht wurde, das übrige aber aus Papierfaserstoffgewebe – Ersatz für Leinwand – bestand. #/# (Albin Müller, S. 161)

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Behrens goes future: Die World Design Hauptstadt

Als sich im Oktober 1907 der Deutsche Werkbund in München gründete, waren unter den zwei Dutzend Gründern aus Künstlern und Unternehmern drei Namen von der Darmstädter Künstlerkolonie: der Architekt Joseph Maria Olbrich, der Keramiker Jakob Julius Scharvogel sowie der Gestalter und Architekt Peter Behrens. Sie wollten weg vom industrialisierten Kunstgewerbe hin zu technisch wie ästhetisch hochwertiger Qualitätsproduktion, eine Formgebung, die sich dem Zweck anpasst. Das berühmte spätere „Form follows function“ hatte hier seine Ursprünge, auch die „Neue Sachlichkeit“ in der Architektur. Insbesondere der Name Behrens ist aufs Engste mit dem Deutschen Werkbund verknüpft. Er sollte als ein Pionier des Industriedesigns und Erfinder der Corporate Identity in die Designgeschichte eingehen, vor allem mit seinen Entwürfen für die AEG, vom Ventilator bis zur Werkshalle. In seinem Büro haben später so berühmte Architekten der Moderne wie der Bauhaus-Gründer Walter Gropius, Mies van der Rohe oder Le Corbusier gearbeitet.

Der Deutsche Werkbund und die Künstlerkolonie Mathildenhöhe sind also auf jeden Fall historisch miteinander über ihr gemeinsames Personal und auch das Anliegen, den Alltag durch Gestaltung zu veredeln, verbunden. Auch räumlich ist man sich nahe: Darmstadt war und ist beiden Sitz und Zentrale. Und was die Zukunft angeht, bringt eine große internationale Bewerbung gerade einiges in Bewegung: die zur „World Design Capital – Frankfurt RheinMain 2026“. Die Inititiative zu dieser Bewerbung stammt von der Werkbundakademie (wba) in Darmstadt. Die Bewerbung für die Region erfolgt zentral von Frankfurt aus – vergleichbar etwa mit der Bewerbung Essens als Europas Kulturhauptstadt stellvertretend für das gesamte Ruhrgebiet vor einigen Jahren.

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Es wird Herbst auf der Mathildenhöhe Darmstadt

Mit einem Aquarell aus des Meisters kunstfertiger Hand läutet 23 Quer den Herbst 2022 ein: das Ausstellungsgebäude mit Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe Darmstadt im Wechsel der Jahreszeiten. 1906 malte ihr Architekt Joseph Maria Olbrich dieses herbstlich gestimmte Bild mit Pergolen aus goldgelb gefärbtem Laub mit Deckfarben auf Papier, also noch vor der Fertigstellung des Baus zur Ausstellung von 1908. Ein bemerkenswertes Detail: Das Turmdach mit seinen fünf Fingern leuchtet in dieser Version nicht kupfergrün, sondern gelb. Unten rechts ist die quadratförmige Signatur Olbrichs zu erkennen. Das im Original 32,8 mal 52,3 Zentimeter große Aquarell zeigt eine Ansicht von Südosten. Es befindet sich heute in der Kunstbibliothek Berlin.

[Bildnachweis: Mathildenhöhe Darmstadt (Hrsg.): Joseph M. Olbrich, 1867 – 1908. Katalog zur Ausstellung anlässlich des 75. Todestages von Olbrich. Konzeption: Bernd Krimmel, Sabine Michaelis, Darmstadt, 1983, S. 225]

„The good die young“: Joseph Maria Olbrich

So unerwartet wie plötzlich verstarb Joseph M. Olbrich am 8. August 1908 in Düsseldorf. Der führende Kopf der Darmstädter Künstlerkolonie wurde mitten aus der Arbeit, aus seinem Leben gerissen, hinterließ seine Frau Claire und sein gerade geborenes, erstes Kind, eine Tochter. Er wurde nur 40 Jahre alt. Auf dem Alten Friedhof von Darmstadt fand nur wenige Tage später, am 12. August, die Beisetzung statt. Seine Totenmaske zeigt ein letztes Bild des Schwerkranken, den eine Leukämie in kürzester Zeit dahinraffte. Genau 114 Jahre ist das heute her. Es war damals ein Samstag, an dem er zu früher Nachmittagsstunde für immer von dieser Welt ging.

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Happy Birthday!

Ein Jahr UNESCO Weltkulturerbe

Nur hier auf der Welt ist der Aufbruch in die Moderne so schön und an so vielen Beispielen zu verfolgen wie auf der Darmstädter Mathildenhöhe. Besonders beim Hochzeitsturm von 1908 mit seinen über Eck laufenden Fensterbändern, die eine Premiere in der Architektur des 20. Jahrhunderts darstellen – in Darmstadt vom Architekten Joseph Maria Olbrich erfunden. Vor genau einem Jahr wurde das Ensemble aus Architektur, Gartenanlagen und Skulpturen, das zwischen den Jahren 1901 und 1914 zu vier Ausstellungen entstand, zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt.

Die Entscheidung war spannend bis zum Schluss, aber schließlich fiel am 24. Juli 2021 gegen 15 Uhr unserer Zeit der Hammer im fernen China: „Adopted!“ Aufgenommen in die große Familie der UNESCO Welterbestätten. Mit den fünf Neuzugängen der Nominierten von 2020 und 2021 zählt Deutschland zur Zeit insgesamt 51 Welterbestätten. Die erste war 1978 der Aachener Dom.

Summertime: Streifzug über die Mathildenhöhe

Die Mathildenhöhe Darmstadt ist nicht nur Hochkultur. Hier blüht zwischen dem einzigartigen Ensemble aus Architektur, Gartenlagen und Skulpturen jetzt im Sommer das pralle Leben: Ein junges Paar entspannt am Lilienbecken, die „Kochenden Männer“ legen einen Stopp beim Hochzeitsturm ein, unablässig beziehen die Besuchergruppen vor dem goldenen Omega-Portal des Ateliergebäudes Position. Der Schwanentempel mit seiner blendenden Akustik wird kurzerhand zum Tango-Tanztempel während es die Boulespieler im Platanenhain eher französisch gelassen angehen. In den temporären Bauten der Gastronomie, den beiden Biergärten im Platanenhain und unter den hohen Bäumen des Osthangs, laden viele sonnige und auch schattige Plätzchen zum Verweilen und Genießen ein. Und selbst die Polizei genießt ihre Streife an diesem außergewöhnlichem Einsatzort, in dem selbst Baustellen schön aussehen. Friede, Freude, Sonnenschein.

„Meine Mathildenhöhe“: Flanieren mit dem neuen alten Osthang-Verein

Auch wenn seit kurzem „e.V.“ am Ende des Namens steht, stecken hinter dem Kunst- und Kulturprojekt „Osthang“ weiterhin viele motivierte Freiwillige, die das lange Zeit brachliegende Gelände an der Rückseite der Mathildenhöhe seit gut acht Jahren mit Flohmärkten, Ausstellungen, Konzerten, Workshops und Festivals beleben. Mit einem ganzen Verein zu flanieren, das wäre ein schwieriges Unterfangen, aber mit drei Mitgliedern des Teams vom Osthang-Verein hat sich 23 Quer etwas ausführlicher unterhalten. Denn wer seit Jahren dem UNESCO Welterbe räumlich schon so nahe ist, der hat doch bestimmt eine besondere Beziehung zum Musenhügel entwickelt und nicht nur eine zum Osthang. In der Rubrik „Meine Mathildenhöhe“ erzählen Menschen, die die Mathildenhöhe prägen, begleiten und für sie an den unterschiedlichsten Stellen wirken, ihre ganz persönlichen Geschichten zu diesem ganz besonderen Stück Darmstadt. Gemeinsam mit ihnen flanieren wir über den Musenhügel. Drei Orte, drei Stopps, drei Geschichten. Los geht’s!

Stopp 1: Der Pavillon des Ausstellungsgebäudes

Sie waren damals jung, sehr jung, die kreativen Geister der ersten Darmstädter Künstlerkolonie von 1901, die für so viel Furore und Aufsehen sorgen sollte. Erst zwanzig Jahre alt der Jüngste, zweiunddreißig der Älteste, dachten sie alles von Grund auf neu – das Wohnen, das Arbeiten, ja das ganze Leben. Eine unglaubliche Freude am Experimentieren durchzieht ihre vor Einfallsreichtum sprühenden Entwürfe. Vieles davon war einzigartig, einmalig, nie zuvor gesehen. Sie waren Pioniere der Moderne, die damals nicht ahnen konnten, dass sie ein Werk von herausragendem Wert für die Menschheit schaffen sollten.

Im gleichen Alter wie die Protagonisten der Künstlerkolonie zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind heute auch Marius Wolf, 28, und Max Politz, 24, die sich seit vielen Jahren im „OHA Osthang“-Projekt engagieren. Wir sitzen gemütlich unter den schattigen Bäumen des Osthang-Geländes, die fünf Finger des Hochzeitsturms grüßen von oben, der Blick fällt auf die Rückseite des sich auf dem Hügel imposant erhebenden Ausstellungsgebäudes.

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Ausstellung „Manzil Monde“: Nadira Husain oder Zuhause in der Welt

Équilove, Deepwater (Nadira Husain, 2021)

Ein Pferd mit Flügeln, da denkt unsereins – jedenfalls, wenn er oder sie vom europäisch-antiken Kulturraum geprägt ist – doch gleich an Pegasus. Falsch gedacht! Auf das falsche Pferd gesetzt. Denn bei diesem Mischwesen aus Pferd und Mensch, das in vielen Varianten das Werk von Nadira Husain beflügelt, geht es um „Al-Buraq“, die arabische Version. Der Legende nach soll der Prophet Mohammed auf ihm von der Erde zum Himmel geflogen sein. So kennt diese Geschichte jeder in der muslimischen Welt, die weit, bis in den Fernen Osten, bis nach Indien reicht. Dort hat eine Künstlerin ihre Wurzeln, der das Institut Mathildenhöhe Darmstadt vom 26. Juni bis zum 2. Oktober 2022 eine Einzelausstellung in den Bildhauerwerkstätten des Ernst Ludwig-Hauses widmet.

Und so öffnet uns dieses Pferd die Augen für einen zumeist sehr unbekannten Kulturkreis, der zur Erfahrungs- und Erinnerungswelt einer Frau mit multikulturellem Hintergrund gehört, die 1980 in Paris geboren wurde. Dort arbeitet sie auch, aber simultan ebenfalls im südindischen Hyderabad oder in Berlin. Eine, die zwischen den Kulturen wandert, sich mit so aktuellen Themen von Herkunft, Heimat und Zuhause in einer globalisierten Welt auseinandersetzt, und auch mit Fragen rund um Rassismus und Feminismus.

„Mit ihr zeigen wir die erste Ausstellung mit zeitgenössischer Kunst nach Ernennung der Mathildenhöhe Darmstadt zum Weltkulturerbe“, erläutert Philipp Gutbrod, Direktor des Instituts Mathildenhöhe. „Die Internationalität unserer Stätte ist ein wichtiger Grund für unsere UNESCO-Welterbeanerkennung, die nun mit Manzil Monde eine spannende Verbindung eingeht.“ Schon im Titel der Ausstellung mischen sich die Welten: „Manzil“ hat indisch-arabische Ursprünge (Urdu), bedeutet in etwa „Haus“ oder „Zuhause“, während das französische „Monde“ die „Welt“ transportiert.

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Ein Haufen Holz auf dem Platanenhain: Handwerk im Dienst der hohen Kunst

Was haben diese langen Holzleisten mit den farbigen Enden mit der Mathildenhöhe zu tun? Ganz schön viel! Denn gäbe es sie nicht, dann würde es schwierig werden mit der Denkmalpflege auf dem Platanenhain. Die Darmstädter Schreinerei Uhland hat sie angefertigt. Ihre Mitarbeiter sind mittlerweile wahre Experten, was die vielen Skulpturen aus der Hand des Bildhauers Bernhard Hoetger angeht, die das rechteckige Areal zu Füßen des hohen Hochzeitsturms rahmen.

Jedes Jahr rückt das Team zweimal an. Im Herbst, um sie alle einzupacken, und im Frühjahr, um sie von ihrem Winterkleid zu befreien: einem Holzhäuschen, das jede einzelne von ihnen über die kalte Jahreszeit schützend unhüllt. Insgesamt 21 hat die Schreinerei Uhland davon angefertigt, die jedes Jahr zusammen- und wieder auseinandermontiert werden müssen. Und hier kommen die Holzleisten ins Spiel. Denn sie werden für die Einlagerung der mehr als hundert Holzwände und -decken gebraucht. Über den Sommer stehen sie bei der Firma Schenck, die hierfür eigens Lagerraum zur Verfügung gestellt hat. Nikolaus Heiss und Claus Dieter Knöchel vom Vorstand der Freunde der Mathildenhöhe sind wie jedes Jahr im Frühling mit Vereinskollegen dabei, wenn Firmenschef Eberhard Uhland und sein tatkräftiges Team zur Demontage anrücken.

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Der Osthang 1908: Ein Traum von einem Garten

Unglaublich schön – auf immer vergangen: das Gartenparadies, das Albin Müller 1908 für den Osthang zauberte. Um ein zentrales Wasserbecken gruppierten sich damals terrassenförmige Beete, die in das abschüssige Gelände eingelassen waren. Viel Sonne von Süden gab es für das üppig blühende Grün, für die Seerosen im Teich, für die großen Kübelpflanzen, für die Pergolen mit ihren hoch rankenden Blumen, die sich die gesamte Rückfront entlang zogen. Es war eine fast schon mediterrane Anlage mit den vielen Treppen und den in Stein gefassten und geliederten Ebenen. Zu diesem Eindruck trug auch die luftige Ladengalerie mit ihren schlanken Säulen bei, deren Oval sich markant zur Straße hervorschob.

Dieser Garten war 1908 eine entzückende Oase im großen Treiben der Ausstellung. Und zum Glück können wir heute noch ein wenig teilhaben an dieser einzigartigen Atmosphäre, die für einen Sommer auf dem Osthang der Mathildenhöhe erblühte. Der Digitalisierung und dem Institut Mathildenhöhe sei Dank ist der historische Katalog von Albin Müller zu seinen Entwürfen seit Herbst 2021 öffentlich zugänglich. Eine Zeitreise in acht Bildern:

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Deutsch-Russische Beziehungen anno 1899

Wenn der Adel albert: Der letzte Zar von Russland, Nikolaus II. (ganz rechts), zu Besuch bei dem Bruder seiner Frau, Großherzog Ernst Ludwig (Zweiter von links), in Schloss Wolfsgarten. Da waren die deutsch-russischen Beziehungen noch ungetrübt. Wie’s scheint, hatten die Herren wie auch die beiden Damen (Großherzogin Victoria Melita links und Zarin Alexandra rechts) viel Spaß bei ihrem lustigen Treiben mit den Verwandten. (Foto: Sammlung Kristof Doffing, Langen)

Aufschlussreich: Albin Müllers Autobiografie

Eine Gemeinschaft gleichgesinnter Kreativer, ein freundschaftlicher Zusammenschluss unter Künstlern – daran denkt man wohl zuerst bei einer Künstlerkolonie. So ging es auch Albin Müller als er dem Ruf von Großherzog Ernst Ludwig folgte, von der Magdeburger Kunstgewerbeschule an die Mathildenhöhe wechselte und dort zum 1. Oktober 1906 neues Mitglied der Künstlerkolonie Darmstadt wurde. Doch – „meine Hoffnungen und Bemühungen schlugen von Anfang an und in der ganzen Folgezeit fehl.“

Ich hatte in weltfremder, idealistischer Auffassung von einer harmonischen Künstlergemeinde, von reger gegenseitiger Anregung, von einem Eintreten füreinander geträumt, und sah mit Trauer, daß sich davon nichts in der realen Welt verwirklichen ließ.

Künstler sind mehr als andere Menschen Individualisten. Sie müssen es sein um des persönlichen Ausdrucks ihrer Kunst willen. So platzen in ihren Reihen die Meinungen und Anschauungen stärker aufeinander als in anderen Berufsgruppen.

Von der ersten Generation der Darmstädter Künstlerkolonie existieren Briefe aus der Feder Joseph Maria Olbrichs, die tiefe Einblicke in die Zerrissenheit der Ausstellungsmacher von 1901 geben, insbesondere in Bezug auf das Verhältnis des Architekten zu Peter Behrens. Für die Zeit von Albin Müller, dem Nachfolger und zweiten Chefarchitekten der Künstlerkolonie, verfügen Historiker ebenfalls über ein sehr persönliches Dokument: seine viele Jahrzehnte später, Ende 1939, verfasste Autobiografie „Aus meinem Leben“.

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