Unglaublich schön – auf immer vergangen: das Gartenparadies, das Albin Müller 1908 für den Osthang zauberte. Um ein zentrales Wasserbecken gruppierten sich damals terrassenförmige Beete, die in das abschüssige Gelände eingelassen waren. Viel Sonne von Süden gab es für das üppig blühende Grün, für die Seerosen im Teich, für die großen Kübelpflanzen, für die Pergolen mit ihren hoch rankenden Blumen, die sich die gesamte Rückfront entlang zogen. Es war eine fast schon mediterrane Anlage mit den vielen Treppen und den in Stein gefassten und geliederten Ebenen. Zu diesem Eindruck trug auch die luftige Ladengalerie mit ihren schlanken Säulen bei, deren Oval sich markant zur Straße hervorschob.
Dieser Garten war 1908 eine entzückende Oase im großen Treiben der Ausstellung. Und zum Glück können wir heute noch ein wenig teilhaben an dieser einzigartigen Atmosphäre, die für einen Sommer auf dem Osthang der Mathildenhöhe erblühte. Der Digitalisierung und dem Institut Mathildenhöhe sei Dank ist der historische Katalog von Albin Müller zu seinen Entwürfen seit Herbst 2021 öffentlich zugänglich. Eine Zeitreise in acht Bildern:
Zur Orientierung



Modell und Plan vom Osthang 1908: Die Gartenterrassen mit dem quadratischen Wasserbecken sowie das großflächige „Gebäude für angewandte Kunst“ mit seiner oval abschließenden Ladengalerie sind gut zu erkennen. Sämtliche Bauten nördlich der zentralen Achse (im Plan oben rechts liegend) sowie das „Gebäude für Architektur“ (im Plan als orangefarbener Querriegel am unteren Ende zu sehen) wurden von Albin Müller entworfen. Sie waren von Anfang an als temporäre Gebilde geplant und daher nur während der Hessischen Landesausstellung von 1908 zu besuchen. Ganz anders als das ebenfalls 1908 fertig gestellte „Gebäude für freie Kunst“ mit Hochzeitsturm von Joseph Maria Olbrich, das bis heute steht und als Wahrzeichen das Stadtbild Darmstadts prägt.
Wer heute von dessen Rückseite den Blick gen Osten – den Olbrichweg hinunter – richtet, blickt links auf das ehemalige Gelände der bildschönen Gartenanlage von Albin Müller. Es steht aktuell im Zentrum der Planungen für das neue Besucherzentrum, das für das frisch gebackene UNESCO Weltkulturerbe nun errichtet wird. Der obere Kurvenbereich des Osthangs inklusive der momentanen Bushaltestelle für den Shuttle-Bus der Stadt ist dabei noch Teil der Welterbe-Kernzone und darf nicht bebaut werden.
Bildnachweise:
Müller, Albin: Architektur und Raumkunst: ausgeführte Arbeiten nach Entwürfen von Professor Albin Müller, Mitglied der Künstlerkolonie Darmstadt — Leipzig: Baumgärtner’s Buchhandlung, 1909 In: Digitale Bibliothek der Universitätsbibliothek Heidelberg: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/mueller1909/0004
Modell vom Osthang 1908: ausgestellt im Museum Künstlerkolonie, Institut Mathildenhöhe, Ernst Ludwig-Haus, Darmstadt (eigene Fotografie)
Aufnahme rechts, Osthang heute: Claus Dieter Knöchel, 2021 (Freunde der Mathildenhöhe e.V.)