Archiv der Kategorie: The Duke’s Corner

Louis: Das Hessische im Britischen

Es geht hier nicht um Charles III., den frisch gesalbten und nun gekrönten König von Großbritannien, sondern um seinen Enkel Louis Arthur Charles, dem aktuell Vierten in der britischen Thronfolge, dem momentan besten Entertainer des Hauses Mountbatten Windsor. Sein herzhaftes Gähnen während der fast zwei Stunden dauernden Krönungszeremonie in der Londoner Westminster Abbey sorgte am 6. Mai einmal mehr für Erheiterung beim Boulevard und an den Bildschirmen. Insgesamt hat sich der gerade fünf Jahre alte Prinz von Wales, Sohn von William und Kate, vor den Augen einer Weltöffentlichkeit und den stets präsenten Kameras jedoch wacker geschlagen – der kleine Louis, der Lui.

Aber, wie kam der quirlige britische Prinz eigentlich zu seinem Namen – und was hat das hessische Darmstadt und die Mathildenhöhe damit zu tun?

Louis: Das Hessische im Britischen weiterlesen

Die Löwen der Mathildenhöhe: Gut gebrüllt, Stadtkrone!

Hier herrscht der Regent von Hessen-Darmstadt, hier ist großherzogliches Gelände. An vielen Stellen des einzigartigen Ensembles Mathildenhöhe wird dies sichtbar. Das beliebteste Motiv der Künstler dabei: ganz viele Wappen mit einem Löwen. Wie auch zu sehen an diesem Relief, das den Eingang des Hochzeitsturms außen krönt. Bildhauer Heinrich Jobst, Mitglied der Künstlerkolonie, liefert mit dieser Bildtafel aus Stein wichtige Informationen über das Geschenk, das die Stadt Darmstadt dem Paar errichtet hat: Zum Gedächtnis der Vermählung Ihrer Königlichen Hoheiten | des Großherzogs Ernst Ludwig und der Großherzogin Eleonore | errichtet von der Stadt Darmstadt anno 1907/1908. Zwischen der dreigeteilten Inschrift finden sich die herrschaftlichen Wappenschilder von Braut wie Bräutigam. Und da beide Hoheiten einen Löwen als Wappentier besitzen, tritt das Raubtier hier gleich doppelt auf.

Anno 1905 war die Vermählung, wie ebenfalls zu lesen, ganz oben zwischen den vier Allegorien. Mit Stärke und Weisheit, Gerechtigkeit und Milde soll der Herrscher walten über sein Großherzogtum. Wenn man genau hinguckt, dann sieht man in diesem Relief noch einen dritten Löwen, allerdings nicht in einem Wappen, sondern als eigenständige plastische Arbeit bei einer der vier Figuren. „Stärke“, wer könnte das besser symbolisieren als ein Löwe, der die erste allegorische Dame von links begleitet und dessen Schwanz man sehr gut zu ihren Füßen erkennen kann?

Die Löwen der Mathildenhöhe: Gut gebrüllt, Stadtkrone! weiterlesen

Ein hohes Zeichen des Dankes: Visionäres von der Mathildenhöhe

Entwurfszeichnung von Albin Müller, 1919.

Wäre es nach Albin Müller gegangen, sähe es auf der Mathildenhöhe heute in etwa so aus wie auf diesem Bild: Im Hintergrund erkennt man gut den Hochzeitsturm links sowie das Ausstellungsgebäude mit seinem Pyramidendach rechts. Doch was ist das im Vordergrund? Das hochaufragende Gebilde in der Mitte? Was sollen die Laubengänge und die Gebäude mit den Kuppeldächern? Und – wo ist eigentlich der Platanenhain?

Der ist weg! Der altehrwürdige Hain, erst zur Ausstellung von 1914 mit den Plastiken Bernhard Hoetgers bereichert, musste im Entwurf, den der Chefarchitekt der Künstlerkolonie 1919 als Federzeichnung aufs Papier brachte und kolorierte, weichen. Stattdessen findet sich an dieser Stelle ein quadratisch angelegter Platz und in dessen Zentrum ein Denkmal zu Ehren des Großherzogs Ernst Ludwig. Nicht auszudenken, wenn er in die Realität umgesetzt worden wäre. Dann wären die Platanen des altehrwürdigen Hains, die zur Zeit die besondere Aufmerksamkeit aller Freunde der Mathildenhöhe genießen, schon vor hundert Jahren Vergangenheit gewesen.

Albin Müller konnte sich hier nicht durchsetzen, wie mit vielen seiner städtebaulichen Entwürfe für die Mathildenhöhe oder etwa das Woogsviertel, die er nach dem Ersten Weltkrieg machte. Er, der der großherzoglichen Familie bis zu den dramatischen Ereignissen von 1937 immer aufs Engste verbunden blieb, stieß beim „Freund und Schirmherrn seiner Künstler“ wie es in der Unterschrift steht, mit seiner Idee eines Ehrendenkmals auf keine Reaktion. Der hatte 1919 im republikanisch werdenden Deutschland vermutlich auch andere Sorgen.

Ein hohes Zeichen des Dankes: Visionäres von der Mathildenhöhe weiterlesen

Deutsch-Russische Beziehungen anno 1899

Wenn der Adel albert: Der letzte Zar von Russland, Nikolaus II. (ganz rechts), zu Besuch bei dem Bruder seiner Frau, Großherzog Ernst Ludwig (Zweiter von links), in Schloss Wolfsgarten. Da waren die deutsch-russischen Beziehungen noch ungetrübt. Wie’s scheint, hatten die Herren wie auch die beiden Damen (Großherzogin Victoria Melita links und Zarin Alexandra rechts) viel Spaß bei ihrem lustigen Treiben mit den Verwandten. (Foto: Sammlung Kristof Doffing, Langen)

Unter dem Rosendom: Großherzogliche Gartenkunst

„Einen Rosengarten zu schaffen, wie man ihn in Deutschland noch nicht kannte“, das war die erklärte Absicht von Großherzog Ernst Ludwig, als er um 1900 ganz in der Nähe der Mathildenhöhe begann, einen englischen Landschaftsgarten, den er von Vater und Onkel geerbt hatte, auszubauen und zu gestalten. Die „Rosenhöhe“, die schon fast ein Jahrhundert so hieß, sollte ihrem Namen nun vollends gerecht werden. Ganz oben auf der Höhe des weitläufigen Geländes, das bis heute mit seinen uralten Baumriesen, den Mausoleen und den herrschaftlichen Gräbern der Großherzogsfamilien wie ein Ort fern von Raum und Zeit erscheint, fand er den geeigneten Ort für seine Pläne.

„Als Vorbild schwebte mir eine Anlage vor, die den Charakter der bezaubernden Rosengärten Italiens mit ihrer Blütenfülle und mit ihren Architektureinstreuungen mit dem Charakter der künstlerisch und blumenzüchterisch so hochstehenden Rosengärten Englands verbinden sollte.“

Man könnte sagen, was Joseph M. Olbrich in der Architektur mit seinen Künstlervillen auf der Mathildenhöhe machte, englische wie mediterrane Einflüsse zu verarbeiten und zu etwas Neuem zu verschmelzen, das gelang dem Darmstädter Großherzog auf dem ehemaligen „Busenberg“ der Stadt. Aus einem englischen Landschaftspark und Obstbaumkulturen, aus Stauden und Rosenanlagen entstand eine vollkommen neuartige Gartenlandschaft, die europaweit als Attraktion gepriesen wurde und sogar einen eigenen Namen bekam: der „Darmstädter Gartenstil“ war geboren.

Unter dem Rosendom: Großherzogliche Gartenkunst weiterlesen

Nichts mit kostümieren und maskieren, nichts mit feiern und tanzen. Das große Fest all derer, die sich gerne verkleiden, fällt dieses Jahr aus. Auch Ernst Ludwig, der großherzogliche Kopf hinter der Mathildenhöhe, wäre sicher enttäuscht gewesen. Denn Anfang des Jahres war auch immer die große Saison der Kostümfeste am Hof von Darmstadt. Was sein Vater Ludwig IV. begann – etwa mit einem Kostümfest 1891 im Hoftheater, das Ernst Ludwig einfallsreich zu dekorieren half – setzte er als Regent mit Begeisterung fort.

Viele Festlichkeiten habe ich mit der Zeit gemacht

Dabei stand Ernst Ludwig als Finanzier und Ausrichter der Feste nicht nur im Hintergrund. Nein, er brachte sich ganz aktiv in deren Gestaltung und Programm ein.

Das Renaissance-Fest weiterlesen

„Etwas Sonniges“ oder der Beginn einer ganz besonderen Beziehung

Jetzt im Sommer ist Zeit für die sonnigen Themen. Und davon gibt es auf der Mathildenhöhe einige. Auch für die Geburtsstunde der Künstlerkolonie sollten sie eine entscheidende Rolle spielen. 1898 hatte der Darmstädter Kunstverleger Alexander Koch einige Zeichnungen von Joseph Maria Olbrich veröffentlicht. Diese sah zufällig auch der junge Großherzog Ernst Ludwig. Er schildert diesen Moment und den Beginn ihrer ganz besonderen Beziehung sehr anschaulich in seinen Memoiren:

Ich sah seine Zeichungen für die Sezessions-Ausstellung in Wien, ganz persönlich und anders als die damalige Richtung.

Ich fühlte sofort, da ist etwas Frisches und zu mir Passendes, etwas Sonniges, was ich bei allen anderen nicht spürte.

„Etwas Sonniges“ oder der Beginn einer ganz besonderen Beziehung weiterlesen

Ernst Ludwig war eine ungewöhnlich … charaktervolle Persönlichkeit. Künstler und Dilettant, nämlich Liebhaber aller Künste von Haus, leistete er auch das Kunstwerk, zugleich englisch-europäischer Gentleman und deutscher Patriot zu sein, ohne Krampf und Mühe, auf das allernatürlichste. Von Nationalismus kein Hauch… (Golo Mann)

Ja, diese Spezies gibt es heute eher selten: Nach englisch-europäischen Gentlemen muss man nowadays etwas länger suchen. Auch nationalistische Töne schlagen allerortens wieder stärker durch, nicht nur auf der Brexit-Insel, sondern auch hier und da auf dem gemeinschaftlich vereinten EU-Kontinent. Bye, Bye, Britannia. Was würde Ernst Ludwig, der letzte Monarch von Hessen-Darmstadt, wohl dazu sagen? Ein englisch-europäischer Gentleman weiterlesen