Schlagwort-Archive: Behrens

Behrens goes future: Die World Design Hauptstadt

Als sich im Oktober 1907 der Deutsche Werkbund in München gründete, waren unter den zwei Dutzend Gründern aus Künstlern und Unternehmern drei Namen von der Darmstädter Künstlerkolonie: der Architekt Joseph Maria Olbrich, der Keramiker Jakob Julius Scharvogel sowie der Gestalter und Architekt Peter Behrens. Sie wollten weg vom industrialisierten Kunstgewerbe hin zu technisch wie ästhetisch hochwertiger Qualitätsproduktion, eine Formgebung, die sich dem Zweck anpasst. Das berühmte spätere „Form follows function“ hatte hier seine Ursprünge, auch die „Neue Sachlichkeit“ in der Architektur. Insbesondere der Name Behrens ist aufs Engste mit dem Deutschen Werkbund verknüpft. Er sollte als ein Pionier des Industriedesigns und Erfinder der Corporate Identity in die Designgeschichte eingehen, vor allem mit seinen Entwürfen für die AEG, vom Ventilator bis zur Werkshalle. In seinem Büro haben später so berühmte Architekten der Moderne wie der Bauhaus-Gründer Walter Gropius, Mies van der Rohe oder Le Corbusier gearbeitet.

Der Deutsche Werkbund und die Künstlerkolonie Mathildenhöhe sind also auf jeden Fall historisch miteinander über ihr gemeinsames Personal und auch das Anliegen, den Alltag durch Gestaltung zu veredeln, verbunden. Auch räumlich ist man sich nahe: Darmstadt war und ist beiden Sitz und Zentrale. Und was die Zukunft angeht, bringt eine große internationale Bewerbung gerade einiges in Bewegung: die zur „World Design Capital – Frankfurt RheinMain 2026“. Die Inititiative zu dieser Bewerbung stammt von der Werkbundakademie (wba) in Darmstadt. Die Bewerbung für die Region erfolgt zentral von Frankfurt aus – vergleichbar etwa mit der Bewerbung Essens als Europas Kulturhauptstadt stellvertretend für das gesamte Ruhrgebiet vor einigen Jahren.

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Architektur im Aufbruch zur Moderne: Applaus für das „Welterbe-Buch“

Persönliche Widmung von den Autoren – auch für Joachim Fahrwald (mi.)

Oft ist es ja so, dass man bei Lesungen das präsentierte Buch danach eigentlich nicht mehr zu kaufen braucht: Hat man doch alles bereits gehört, was noch zu lesen wäre, ist die Lektüre des Lesestoffs nur noch langweilige Kopie. Das mussten die Besucher:innen nicht befürchten, die am 10. Juni zur Buchvorstellung ins Darmstädter Haus der Geschichte am Karolinenplatz kamen. Dazu ist der Fundus an Geschichten und Bildern einfach zu groß, der sich über viele Jahrzehnte des Einsatzes und der Leidenschaft für ihr Thema angesammelt hat: Weltkulturerbe Mathildenhöhe Darmstadt, der erste Bildband über das neue Mitglied der großen weltweiten UNESCO-Familie, wurde endlich, ein halbes Jahr nach dem Erscheinen, von Nikolaus Heiss und Renate Charlotte Hoffmann erstmals öffentlich präsentiert. 

Das sollte eigentlich schon im November letzten Jahres passieren. Doch die Stadt fühlte sich nicht ausreichend informiert und grätschte ihrem ehemaligen Leiter der Denkmalpflege und seiner Ko-Autorin dazwischen: Die geplante Präsentation fiel damals aus, auch wenn der Druck des Bandes mit kleiner Verzögerung noch vor Weihnachten erfolgte, sich das Werk seitdem bestens verkauft. „Eine völlig überflüssige Reaktion der Politik“, diesen Begrüßungsworten Hans Gerhard Knölls vom Verein der Freunde der Mathildenhöhe, die zusammen mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) zur Veranstaltung eingeladen hatte, schloss sich das zahlreich versammelte Publikum mit viel Applaus an. Knöll: „Der Stadtpolitik hat das Vorgehen geschadet, dem Buch sicherlich nicht.“ Hans-Henning Heinz erinnerte in einem Grußwort für den BDA an die Auszeichnung, mit der der Architektenverband 2020 Nikolaus Heiss für sein Lebenswerk geehrt habe. Ein Preis, den er für sein Engagement erhalten hat, „Baugeschichte und Baukultur zusammenzuführen und sie einem breiten Publikum nahezubringen“. Dialog ist sein Thema.

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„Wir danken Euch allen!“ 23 Köpfe und ihr Weg in die Moderne. Ein Portrait.

Eine viel versprechende Fassade: Gold und Gloria für’s Ernst Ludwig-Haus

Heute vor exakt 120 Jahren war nicht nur das Wetter deutlich besser in Darmstadt, auch auf der Mathildenhöhe ging es an diesem Tag besonders festlich zu: Denn am 15. Mai 1901 wurde das Ernst Ludwig-Haus feierlich eingeweiht und zugleich die erste Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie eröffnet. Die lange Treppe hinauf zum weißen „Tempel der Arbeit“ wurde förmlich zu einer Prozessionsstraße über die man nach dem Ende des feierlichen Weihespiels gemeinsam hinaufzog zum ganz in Gold glänzenden Eingang: vorbei an kolossalen Figuren aus Stein links und rechts, unter goldenen Lorbeerkränzen durchschreitend, die zwei schmale Damen aus Bronze über die Köpfe der Eintretenden hielten, hinein in den „heiligen Schrein“. Denn so muss es allen Beteiligten an jenem herrlichen Frühlingstag vorgekommen sein: Als habe man einem Gottesdienst beigewohnt und betrete nun das Allerheiligste.

Was für eine Pracht!

Die Südfassade des Ernst Ludwig-Hauses verschlägt einem bis heute den Atem. Soviel Pracht, soviel Gold, soviel Schönheit! Dabei wirkt der so überreich dekorierte Eingang überraschenderweise keinesfalls überladen. Vielmehr ist er der passende Kontrast zu der ansonsten flächig weißen, relativ schmucklosen Fassade des insgesamt 55 Meter langen Gebäuderiegels. Alles ist im Gleichgewicht, „in ein inniges Verhältnis gebracht“, das stellte selbst einer von Joseph Olbrichs schärfsten Kritikern, Felix Commichau, 1901 anerkennend fest.

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Flowerpower III: Behrens formvollendete Synthese

„Zur konstruktiven Betonung der Flächen-Verhältnisse treten die Lisenen auf, die gleichzeitig den Hauptschmuck der Fassaden, gewissermaßen tektonisch übersetzte Ranken darstellen.“

Wer hätte das gedacht? Die so prägenden wie berühmten senkrechten Keramikbänder des Haus Behrens haben die Natur zum Vorbild. Wie Zweige sollen sie sich zum Dach empor ranken. Daher auch das Grün. Die auffälligen Verblendungen können nur diese Farbe haben, keine andere. Denn hier hat die Flora die Architektur inspiriert. Dies kann man jedenfalls den Worten entnehmen, mit denen Peter Behrens den Besuchern der Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt 1901 seine Villa im Detail beschreibt. Zu jedem der ausgestellten Musterhäuser gab es eine kleine Informationsbroschüre, in dem die Künstler das jeweilige Bauobjekt in seinen Grundrissen und Maßen, aber auch die Inneneinrichtung, die beteiligten Möbelhäuser und Handwerksbetriebe vorstellten. Flowerpower III: Behrens formvollendete Synthese weiterlesen