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Architektur mit Ausblick: Dachlandschaften

Ernst Ludwig-Haus mit Oktogon und Bildhauerateliers

Jetzt mit dem März geht das Jahr so richtig los: Die Natur hat noch ein wenig Kraft gesammelt, 23 Quer auch, um nun so richtig durchzustarten. Los geht es mit einem Blick auf die faszinierenden Dachlandschaften, die überall auf dem Gelände des UNESCO Weltkulturerbes Mathildenhöhe Darmstadt zu entdecken sind. Wir werden in den nächsten Tagen den Blick von oben und auf oben wagen, dabei manch ausgezeichneter Architektur auf’s Dach steigen. Den Anfang macht das Museum Künstlerkolonie mit seiner modernen Dachlandschaft aus großflächigen Oberlichtern, die die acht Ateliers der Künstler, Bildhauer und Architekten ab 1901 mit perfektem Arbeitslicht von Norden versorgten.

Den besten Blick von oben auf das heutige Museum Künstlerkolonie gibt es von der kleinen Südterrasse des gegenüberliegendem Ausstellungsgebäudes. Noch viel interessanter ist aber ein anderer Aussichtspunkt.

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Gedenkmedaille von Gewicht: Für die Generationen nach uns

Ein historischer Moment war es wahrlich, als Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz bei strahlender Abendsonne das Ausstellungsgebäude auf der Mathildenhöhe am 20. September 2024 für wiedereröffnet erklärte. Einer, der festgehalten wurde, nicht nur auf unzähligen Smartphones und mit vielen Kameras, sondern auch ganz real, physisch fassbar, anfassbar. Denn von dem Großereignis wird zukünftigen Generationen auch eine Gedenkmedaille berichten. Das hat Tradition an diesem Ort, an dem die Medaillenkunst schon immer einen ganz besonderen Ruf genoss, an dem Großherzog Ernst Ludwig einst bestimmte, dass „immer eine namhafter Vertreter der Medaillenkunst Mitglied der Künstlerkolonie sein muss.“ Die Gedenkmedaillen zu den vier historischen Ausstellungen von 1901, 1904, 1908 und 1914 sind auf der Aussichtsplattform im Hochzeitsturm ausgestellt. Von den Mitgliedern der Künstlerkolonie sind insbesondere Rudolf Bosselt, Daniel Greiner, Paul Haustein und Heinrich Jobst als Medailleure hervorzuheben.

Das jüngste Exemplar zur Ausstellungseröffnung von 2024 wurde von der Schweizer Bildhauerin und Medailleurin Maya Graber gestaltet und hat ein ordentliches Gewicht: Fast ein Pfund schwer – genau 450 Gramm – ist die 10,5 mal 10,5 Zentimeter große Gedenkmedaille. Gefertigt ist sie aus dem silbrig grau schimmernden Schwermetall Wismut, und zeigt auf der Vorderseite das sanierte Ausstellungsgebäude sowie auf der Rückseite den Architekten Joseph M. Olbrich. Sie ist in einer Auflage von 50 Stück erschienen und wird zu einem Preis von 80,- € zzgl. Versand herausgegeben. Zu bestellen ist die Gedenkmedaille im Verkaufsshop im Hochzeitsturm, im Shop des Museum Mathildenhöhe, im Info-Point von Darmstadt Marketing am Luisenplatz sowie direkt über die Münzfreunde Darmstadt.

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Olbrichs Erfindung: Ein Flügel mit acht Ecken

Der Gestaltungwille der Künstlerkolonie Darmstadt umfasste viele Bereiche des Lebens und machte auch vor der Musik nicht halt. Insbesondere reizte der Flügel als ein Musikinstrument, das viel Fläche für ornamentalen Schmuck bietet, zur künstlerischen Bearbeitung. War ein Flügel doch integraler Bestandteil der Wohnkultur großbürgerlicher Kreise, gehörte ein repräsentatives Musikzimmer zur Ausstattung eines jeden kunstbeflissenen Hauses. Ein solches besaß selbstverständlich auch Großherzog Ernst Ludwig in seinem Neuen Palais, das sich ehemals auf dem heutigen Georg-Büchner-Platz vor dem Staatstheater befand. Dort stand ab 1906 ein ganz besonderes Tasteninstrument: der „Olbrich-Mand-Flügel“. Erstmals öffentlich vorgestellt wurde er zur ersten Ausstellung der Künstlerkolonie von 1901 auf der Mathildenhöhe.

Eigentlich ist dieser spezielle Flügeltyp gar kein richtiger Flügel, denn ihm fehlt die charakteristische Flügelform, die dem Instrument überhaupt erst seinen Namen gegeben hat. Dieser Flügel hat acht Ecken und ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Joseph Maria Olbrich mit der vielfach prämierten Klavierbaufirma Mand aus Koblenz. Für die technische Innovation und die neue achteckige Form wurde vom Hersteller sogar ein Patent angemeldet.

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Was wäre das Ausstellungsgebäude auf der Mathildenhöhe ohne seinen Rahmen, ohne die vielen bepflanzten Pergolen aus Gussbeton, die alles mit wunderbarem Grün umkränzen? Schon die ersten Grundrisszeichnungen von Joseph M. Olbrich zeigen einen Bau, der bereits 1908 von einem Raster aus unzähligen Pergolen-Quadraten komplett eingefasst ist. An einigen Stellen sind diese sogar mehrgeschossig angelegt, so dass Wein und Rosen wie Kaskaden am Gerüst aus Beton hinabranken können. Die Verschmelzung von Architektur und Natur – hier am Fuße des Ausstellungshügels ist sie nun nach langjähriger Sanierung wieder zu bewundern.

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Es grüßt der Frühling!

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Der Anfang: Patriz Huber – so jung, so reif, so begabt

Schon früh wurde sein großes Talent von Alexander Koch entdeckt: Der Darmstädter Verleger hatte in der „Deutschen Kunst und Dekoration“ wie der „Innendekoration“, die um die Jahrhundertwende zu den führenden Magazinen rund um Fragen der Gestaltung und Inneneinrichtung zählten,kleinere Wettbewerbe ausgeschrieben, um neue kreative Köpfe zu entdecken und bekannt zu machen. Besonders vielversprechend zeigte sich dabei ein junger Künstler, der noch als Student mehrfach erfolgreich an ihnen teilnahm: Patriz Huber.

Mit nur 21 Jahren wurde er 1899 aufgrund seiner Begabung von Großherzog Ernst Ludwig als einer von sieben Künstlern an die Darmstädter Künstlerkolonie berufen. Zusammen mit dem Jüngsten der Gruppe, dem nur 20-jährigen Paul Bürck, bezog er eine kleine Einliegerwohnung im Untergeschoss des Ernst Ludwig-Hauses, dem damaligen Ateliergebäude der Künstler, und richtete die zwei Wohnungen nach eigenen Entwürfen ein. Ein Stockwerk höher besaß er, wie die anderen Künstler, ein eigenes Atelier. Seines befand sich direkt neben dem des Bildhauers Rudolf Bosselt. Hier saß man auch gelegentlich zusammen, wie eine seltene Aufnahme gemeinschaftlichen Lebens und Arbeitens von 1901 in Hubers Atelier zeigt:

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Emy, Ella und Ester – die Frauen der Mathildenhöhe

Ein richtiger „Männerclub“ war sie, die Künstlerkolonie Mathildenhöhe. 23 Künstler zählt man von ihrer Gründung in 1899 bis zu ihrer letzten Ausstellung in 1914 – und alle waren sie männlichen Geschlechts. So überhaupt nicht emanzipatorisch war der Aufbruch in die Moderne in Darmstadt, möchte man meinen. Doch dieses Bild einer Männerdomäne stimmt nicht so ganz. Wie die bahnbrechenden Ausstellungen zu den „Sturm-Frauen“ (2015/16) und den „Fantastischen Frauen“ der Surrealisten (2020) in der Frankfurter Schirn, entdeckt man auch in Darmstadt die „Frauen der Mathildenhöhe“. Die Kunsthistorikerin Renate Charlotte Hoffmann hat sich mit diesem bisher relativ unbeachteten Aspekt der Künstlerkolonie auseinandergesetzt und eine Fülle an Material und Namen zusammengetragen – und siehe da: Der weibliche Beitrag ist erstaunlich.

Sie waren Modelle, Schülerinnen, Assistentinnen, manche sogar als Mitarbeiterin angestellt, aber den Ruhm, Teil einer künstlerischen Avantgarde gewesen zu sein, den heimsten dann in aller Regel die männlichen Künstler ein. Die Frauen der Mathildenhöhe gerieten in Vergessenheit. Besonders interessant sind dabei die Frauenfiguren, die maßgeblich an dem Erscheinungsbild des UNESCO-prämierten Ensembles und seiner Raum- wie Gebrauchskunst mitgestaltet haben, an Objekten, die eigentlich bekannt sind als das Werk eines der bekannten Mathildenhöhenkünstler. Hinter Bernhard Hoetger, Emanuel J. Margold und selbst hinter Joseph M. Olbrich standen jedoch auch starke und beeindruckende Frauen, die ihre künstlerische Handschrift auf der Mathildenhöhe hinterlassen haben.

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Die wehrhafte Kunst: Mit Pallas Athene zum Sieg

Siegreiche Kunst: Der Lorbeerkranz ist sicher (Foto: Fabian Fröhlich).

Sie hat es wahrlich nicht einfach, die Kunst: Sie muss oft kämpfen um Aufmerksamkeit, ringen um Anerkennung und Budgets. Aber am Ende wird sie dann doch gewinnen, wird man ihr den Lorbeerkranz der Siegerin überstreifen. So auch in Darmstadt. Hoch oben am mit Gold reich geschmückten Portal des Ernst Ludwig-Hauses stehen zwei Siegesgenien und flankieren den Eingang. Gerüstet mit einem Waffenrock begrüßen sie den zum Kampf bereiten Künstler, der unter ihnen zur Arbeit, zum „heiligen Gottesdienst“, ins Ateliergebäude schreitet und die stärkende Botschaft über ihm wohl vernimmt: „Der Sieg, er ist dir sicher!“

Die beiden Figuren sind von Rudolf Bosselt, angefertigt zur 1. Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie 1901. Mit der wehrhaften Kunst nimmt der Bildhauer ein Motiv auf, das bei der künstlerischen Avantgarde um die Jahrhundertwende sehr in Mode kam. Das führt eindrucksvoll eine große Kunstausstellung vor Augen, die zur Zeit in Berlin die Massen in die Alte Nationalgalerie auf die Museumsinsel lockt: „Secessionen – Klimt, Stuck, Liebermann“ ist ihr Titel. In den Secessionen, was wortwörtlich Abspaltungen bedeutet, fanden sich damals diejenigen Künstler zusammen, die die Kunst und ihre Strukturen im ausgehenden 19. Jahrhundert erneuern und radikal modernisieren wollten. Da war Kampf geradezu vorprogrammiert.

Kein Wunder, dass sich die Secessionisten die griechische Göttin Pallas Athene zur Leitfigur auserkoren hatten. In der Berliner Ausstellung wimmelt es geradezu von Darstellungen der kämpferischen Dame. Die meisten finden sich bei den Abspaltern aus München und Wien.

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Check: Wie alt wurden die Mathildenhöhe-Künstler?

Die kreativen Köpfe der Künstlerkolonie Darmstadt, vor allen Dingen die Generation der 1. Ausstellung von 1901, waren junge Männer als sie auf der Mathildenhöhe Teil des ambitionierten großherzoglichen Projektes wurden. Es sollte sie in der Kunst- und Architektenwelt schlagartig bekannt machen und das südhessische Darmstadt in eine Spitzenposition auf dem Weg in die Moderne katapultieren. Die beiden Jüngsten der „glorreichen Sieben“, die Großherzog Ernst Ludwig bis 1899 zu sich an die neu gegründete Künstlerkolonie nach Darmstadt berief, waren gerade einmal 20 und 21 Jahre alt als sie zu der experimentierfreudigen Künstlergruppe stießen. 26, 28, 30, 31 und 32 Jahre zählten die anderen anfangs.

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Wenn die Architektur ein Crescendo der Natur wird

Hochzeitsturm und Ausstellungsgebäude: Aus dem Grün ins Blau.

Ohne Natur ist die Architektur von Joseph Maria Olbrich nicht zu denken. Er „komponierte seine Gebäude in die Natur hinein […]: Sie wächst innerhalb der Vegetation, die aber niemals wild und unkultiviert ist, sondern den Eindruck eines Gartens oder Parks beibehält. Das Bauwerk soll eine Erlebniseinheit mit der sie umgebenden Natur bilden“, heißt es bereits 1983 im Katalog, der die Darmstädter Ausstellung zu Olbrichs 75. Todestag begleitete.

Diese enge Verbindung von Natur und Bauwerk zeigt seit 1908 eindrucksvoll der Hochzeitsturm, der förmlich aus einem grünen Fundament Richtung Himmel emporwächst. Olbrich gelingt dieser Effekt durch lange Reihen von prächtig bepflanzten Pergolen, die er in bis zu dreistöckigen Kaskaden um den kompletten Hügel mit dem auf ihn thronenden Ausstellungsgebäude zieht. In seinen Entwurfszeichnungen und auch hier in diesem Aquarell von Olbrich mit der Ansicht von Nordosten, der Rückseite, ist das besonders schön nachzuvollziehen – und wenn die letzten Bauzäune fallen auch schon sehr bald wieder in natura auf der Mathildenhöhe.


Wenn weniger mehr ist: neues Besucherzentrum

Ein Besucherzentrum mitten in der besonders geschützten Kernzone des historisch wertvollen Welterbes Mathildenhöhe errichten? Das geht gar nicht – und hätte beinahe im Sommer vor zwei Jahren Darmstadt den UNESCO-Titel gekostet. Doch die Stadt reagierte unverzüglich auf die vorab vernommene Kritik aus der UNESCO-Zentrale in Paris und zog noch während der laufenden Bewerbung in Rekordgeschwindigkeit das bereits geplante Besucherzentrum aus dieser „No-Go“-Zone. Ohne dieses beherzte Eingreifen der Stadtoberen wäre die Entscheidung der UNESCO am 24. Juli 2021 wohl vertagt worden, hätte die Stadt Darmstadt trotz kunsthistorisch einmaligem Wert für die Menschheit wohl heute noch kein Welterbe Mathildenhöhe.

Gestern, am 9. Mai 2023, war es nun so weit: Oberbürgermeister Jochen Partsch stellte der Öffentlichkeit im voll besetzten Foyer der h_da am Fachbereich Gestaltung auf der Mathildenhöhe erstmals die neue Planung für das Besucherzentrum vor. Das Büro Marte.Marte Architekten aus Feldkirch in Österreich hatte 2018 den Wettbewerb sehr klar für sich entschieden. Ihr Entwurf damals: ein eleganter lang gestreckter Riegel, der sich als eingeschossiger Streifen bis ganz nach oben an die oberste Ecke des Olbrichwegs legte. Die Herausforderung für die Architekten war dieselbe geblieben, wie Stefan Marte zu Beginn seiner Präsentation ausführte: „Aus dem Hintereingang der Mathildenhöhe eine attraktive Vorderseite zu machen.“

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Haus Olbrich 1901 bis 2023: Eine Zeitreise in Bildern

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Museum Künstlerkolonie: Einladende Eleganz von Joseph Maria Olbrich

Es gibt einen Ort auf der Mathildenhöhe, der jetzt in der Wintersaison einen Besuch besonders wert ist: das Museum Künstlerkolonie im Ernst Ludwig-Haus. Neben dem Vorteil warmer Zimmertemperaturen sprechen dafür gleich mehrere Gründe:

  • Es ist von der regen Bau- und Sanierungstätigkeit auf dem Welterbe-Hügel nicht betroffen und ohne Einschränkungen in ganzer Pracht zu besichtigen.
  • Die Auszeichnung zum Welterbe hat stark die Architektur in den Mittelpunkt gestellt. Es wäre mal wieder an der Zeit, sich mit den ebenfalls beeindruckenden Möbelentwürfen und Dekorationen für den Innenraum zu beschäftigen. Schließlich war alles von den innovativen Geistern der Künstlerkolonie als Gesamtkunstwerk konzipiert.
  • Das Große Haus Glückert wird zukünftig genau diesen Einblick in die Gestaltung des Innern erlauben, momentan bleibt die wunderbare Eingangstür unter dem Rundbogen wegen Sanierung jedoch noch geschlossen.

Wer das Konzept der Halle, typisch für die Künstlervillen von Joseph Maria Olbrich, selbst erleben will, der kann das zurzeit nur im Museum Künstlerkolonie tun und dabei sogar auf originalen Möbeln des Meisters Platz nehmen.

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Das Familiengrab Glückert: ein Kunstwerk von Olbrich

Die Grabstätte Glückert auf dem Alten Friedhof Darmstadt: Jugendstilkunst.

Die Künstlerkolonie Darmstadt hat nicht nur auf der Mathildenhöhe Spuren hinterlassen, sondern auch auf dem Alten Friedhof am Herdweg. So ist Joseph Maria Olbrich nicht nur selbst auf diesem Friedhof begraben (Grabstelle IV C 11), sondern hat dort zu Lebzeiten auch ein einmaliges Kunstwerk des Jugendstils geschaffen: das Grabmal für die Familie Glückert (Grabstelle I G 101).

Fünf Menschen haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden, darunter auch Julius Glückert – der Möbelfabrikant, der gleich zwei der Künstlervillen auf der Mathildenhöhe seinen Namen gegeben hat: Im Kleinen Glückerthaus wohnte er mit seiner Familie. Das Große Haus Glückert gleich nebenan diente über mehrere Etagen als Ausstellungsgebäude für seine modernen vom Jugendstil und den Entwürfen der Künstlerkolonie inspirierten Möbeleinrichtungen. Er genoss internationale Anerkennung, war auf den Weltausstellungen 1900 in Paris und 1904 in St. Louis vertreten und belieferte sowohl den russischen Zarenhof wie das niederländische Königshaus.

Er selbst wurde als letzter seiner Familie 1911 auf dem Alten Friedhof in dieser Grabanlage beigesetzt, die Olbrich bereits um 1901 für ihn entwarf. Der berühmte Architekt war zur Beisetzung des Möbelfabrikanten schon tot, gestorben 1908 mit gerade mal vierzig Jahren.

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Vierzig Jahre Förderkreis Hochzeitsturm: Gratulation!

Der November ist auch für die Geschichte des Hochzeitsturms ein Monat von Bedeutung: Es war an einem 21. des Monats, als sich Großherzog Ernst Ludwig 1904 mit Prinzessin Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich, seiner zukünftigen Gattin, verlobte. Das ist heute genau 118 Jahre her. Und es war an einem 27. November als sich der Förderkreis Hochzeitsturm 1982 als eingetragener Verein offiziell gründete. Fast auf den Tag genau ist das jetzt vierzig Jahre her. Ohne das erste Datum gäbe es dieses wahrlich große Hochzeitsgeschenk wohl kaum, das die Stadt ihrem Landesherrn zur späteren Vermählung schenkte und das sein Lieblingsarchitekt Joseph Maria Olbrich für ihn entwarf. Und ohne das zweite Datum könnte Darmstadt nicht mit einem bestens erhaltenen Wahrzeichen glänzen, das 1908 eröffnet heute kunsthistorisch so wertvoll ist, dass es 2021 als schützenswert für die gesamte Menschheit erklärt wurde.

„Der Hochzeitsturm war einer der gewichtigsten Bausteine in der Bewerbung um das UNESCO Weltkulturerbe“, betonte auch Oberbürgermeister Jochen Partsch, der als oberster Gratulant die Glückwünsche der Stadt zum Jubiläum persönlich an den Förderkreis Hochzeitsturm überbrachte. Hoch oben auf der Aussichtsplattform des Turms hatte sich am 19. November eine Schar geladender Gäste aus Politik und Kultur, Vereinen und Freunden zu einer Feierstunde eingefunden. Partsch erinnerte an die Zeit und die Menschen, die mit Weitblick schon damals das Potential dieses hoch aufragenden Denkmals erkannt hatten. Allen voran Sissy Geiger, die sehr engagierte Kulturpolitikerin der CDU, die kurzerhand mit Parteikollegen einen Verein gründete, nachdem man sich im Stadtparlament mit einem Antrag vorher nicht durchsetzen konnte. „Die Erhaltung und Wiederbelebung des Darmstädter Wahrzeichens und Europäischen Denkmals sicherzustellen“, das war das erklärte Ziel der Gründer.

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Es wird Herbst auf der Mathildenhöhe Darmstadt

Mit einem Aquarell aus des Meisters kunstfertiger Hand läutet 23 Quer den Herbst 2022 ein: das Ausstellungsgebäude mit Hochzeitsturm auf der Mathildenhöhe Darmstadt im Wechsel der Jahreszeiten. 1906 malte ihr Architekt Joseph Maria Olbrich dieses herbstlich gestimmte Bild mit Pergolen aus goldgelb gefärbtem Laub mit Deckfarben auf Papier, also noch vor der Fertigstellung des Baus zur Ausstellung von 1908. Ein bemerkenswertes Detail: Das Turmdach mit seinen fünf Fingern leuchtet in dieser Version nicht kupfergrün, sondern gelb. Unten rechts ist die quadratförmige Signatur Olbrichs zu erkennen. Das im Original 32,8 mal 52,3 Zentimeter große Aquarell zeigt eine Ansicht von Südosten. Es befindet sich heute in der Kunstbibliothek Berlin.

[Bildnachweis: Mathildenhöhe Darmstadt (Hrsg.): Joseph M. Olbrich, 1867 – 1908. Katalog zur Ausstellung anlässlich des 75. Todestages von Olbrich. Konzeption: Bernd Krimmel, Sabine Michaelis, Darmstadt, 1983, S. 225]

„The good die young“: Joseph Maria Olbrich

So unerwartet wie plötzlich verstarb Joseph M. Olbrich am 8. August 1908 in Düsseldorf. Der führende Kopf der Darmstädter Künstlerkolonie wurde mitten aus der Arbeit, aus seinem Leben gerissen, hinterließ seine Frau Claire und sein gerade geborenes, erstes Kind, eine Tochter. Er wurde nur 40 Jahre alt. Auf dem Alten Friedhof von Darmstadt fand nur wenige Tage später, am 12. August, die Beisetzung statt. Seine Totenmaske zeigt ein letztes Bild des Schwerkranken, den eine Leukämie in kürzester Zeit dahinraffte. Genau 114 Jahre ist das heute her. Es war damals ein Samstag, an dem er zu früher Nachmittagsstunde für immer von dieser Welt ging.

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Happy Birthday!

Ein Jahr UNESCO Weltkulturerbe

Nur hier auf der Welt ist der Aufbruch in die Moderne so schön und an so vielen Beispielen zu verfolgen wie auf der Darmstädter Mathildenhöhe. Besonders beim Hochzeitsturm von 1908 mit seinen über Eck laufenden Fensterbändern, die eine Premiere in der Architektur des 20. Jahrhunderts darstellen – in Darmstadt vom Architekten Joseph Maria Olbrich erfunden. Vor genau einem Jahr wurde das Ensemble aus Architektur, Gartenanlagen und Skulpturen, das zwischen den Jahren 1901 und 1914 zu vier Ausstellungen entstand, zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt.

Die Entscheidung war spannend bis zum Schluss, aber schließlich fiel am 24. Juli 2021 gegen 15 Uhr unserer Zeit der Hammer im fernen China: „Adopted!“ Aufgenommen in die große Familie der UNESCO Welterbestätten. Mit den fünf Neuzugängen der Nominierten von 2020 und 2021 zählt Deutschland zur Zeit insgesamt 51 Welterbestätten. Die erste war 1978 der Aachener Dom.

Architektur im Aufbruch zur Moderne: Applaus für das „Welterbe-Buch“

Persönliche Widmung von den Autoren – auch für Joachim Fahrwald (mi.)

Oft ist es ja so, dass man bei Lesungen das präsentierte Buch danach eigentlich nicht mehr zu kaufen braucht: Hat man doch alles bereits gehört, was noch zu lesen wäre, ist die Lektüre des Lesestoffs nur noch langweilige Kopie. Das mussten die Besucher:innen nicht befürchten, die am 10. Juni zur Buchvorstellung ins Darmstädter Haus der Geschichte am Karolinenplatz kamen. Dazu ist der Fundus an Geschichten und Bildern einfach zu groß, der sich über viele Jahrzehnte des Einsatzes und der Leidenschaft für ihr Thema angesammelt hat: Weltkulturerbe Mathildenhöhe Darmstadt, der erste Bildband über das neue Mitglied der großen weltweiten UNESCO-Familie, wurde endlich, ein halbes Jahr nach dem Erscheinen, von Nikolaus Heiss und Renate Charlotte Hoffmann erstmals öffentlich präsentiert. 

Das sollte eigentlich schon im November letzten Jahres passieren. Doch die Stadt fühlte sich nicht ausreichend informiert und grätschte ihrem ehemaligen Leiter der Denkmalpflege und seiner Ko-Autorin dazwischen: Die geplante Präsentation fiel damals aus, auch wenn der Druck des Bandes mit kleiner Verzögerung noch vor Weihnachten erfolgte, sich das Werk seitdem bestens verkauft. „Eine völlig überflüssige Reaktion der Politik“, diesen Begrüßungsworten Hans Gerhard Knölls vom Verein der Freunde der Mathildenhöhe, die zusammen mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) zur Veranstaltung eingeladen hatte, schloss sich das zahlreich versammelte Publikum mit viel Applaus an. Knöll: „Der Stadtpolitik hat das Vorgehen geschadet, dem Buch sicherlich nicht.“ Hans-Henning Heinz erinnerte in einem Grußwort für den BDA an die Auszeichnung, mit der der Architektenverband 2020 Nikolaus Heiss für sein Lebenswerk geehrt habe. Ein Preis, den er für sein Engagement erhalten hat, „Baugeschichte und Baukultur zusammenzuführen und sie einem breiten Publikum nahezubringen“. Dialog ist sein Thema.

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Große Glückerthaus: Der Kamin mit Pfauenfedern

Noch ein Kamin von der Mathildenhöhe. Und was für einer! Wie schon in seinem Privathaus hat Joseph Maria Olbrich auch für das Große Glückerthaus eine komplette Kaminwand gestaltet. Diesesmal lädt sie allerdings nicht zum gemütlichen Beisammensein in kleiner Runde ein, sondern ist eher der prächtige Mittelpunkt einer ebenso prächtigen Halle. Auch hier geht es wieder um den für Olbrich zentralen Begriff der Gemeinsamkeit im Leben und Arbeiten, für den der Architekt einen entsprechenden Raum einzuplanen hatte. Doch in diesem Fall dienen Halle wie Kamin vor allen Dingen der öffentlichen Repräsentation: Mit ihnen wollte der Darmstädter Möbelfabrikant Julius Glückert in seinem Geschäftsgebäude und Ausstellungshaus glänzen.

Eine gediegene Kaminatmosphäre vor weißer Wand mit dem leuchtenden Blau, Grün und Türkis von langen Pfauenfedern links und rechts und einer ebenso bunten Blumenranke in der Mitte – das ist in seiner Gestaltung bis heute provokant, außergewöhnlich, denkt man etwa an typische Kaminzimmer in dunklem Holz. Vor allen Dingen ist es aber Ausdruck von Luxus, Eleganz und auch ein wenig technischer Finesse für die damalige Zeit. Denn mit 18 Glühbirnen, zu beiden Seiten des Kaminabzugs als Leiste jeweils gekonnt in das Pfauenfedermotiv eingewoben, besaß die Kaminwand sogar eine integrierte Beleuchtung

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