


Es gibt einen Ort auf der Mathildenhöhe, der jetzt in der Wintersaison einen Besuch besonders wert ist: das Museum Künstlerkolonie im Ernst Ludwig-Haus. Neben dem Vorteil warmer Zimmertemperaturen sprechen dafür gleich mehrere Gründe:
- Es ist von der regen Bau- und Sanierungstätigkeit auf dem Welterbe-Hügel nicht betroffen und ohne Einschränkungen in ganzer Pracht zu besichtigen.
- Die Auszeichnung zum Welterbe hat stark die Architektur in den Mittelpunkt gestellt. Es wäre mal wieder an der Zeit, sich mit den ebenfalls beeindruckenden Möbelentwürfen und Dekorationen für den Innenraum zu beschäftigen. Schließlich war alles von den innovativen Geistern der Künstlerkolonie als Gesamtkunstwerk konzipiert.
- Das Große Haus Glückert wird zukünftig genau diesen Einblick in die Gestaltung des Innern erlauben, momentan bleibt die wunderbare Eingangstür unter dem Rundbogen wegen Sanierung jedoch noch geschlossen.
Wer das Konzept der Halle, typisch für die Künstlervillen von Joseph Maria Olbrich, selbst erleben will, der kann das zurzeit nur im Museum Künstlerkolonie tun und dabei sogar auf originalen Möbeln des Meisters Platz nehmen.
In dem lang gestreckten, ehemaligen Ateliergebäude der Künstlergemeinschaft waren die aneinandergereihten Werkstätten der Künstler in der Mitte durch einen Zentralraum geteilt, einer zweigeschossigen Halle. Diese Halle wird vom Museum Künstlerkolonie heute als elegantes Foyer genutzt, das mit einem ganz besonderen Highlight aufwarten kann: Es ist mit der originalen Inneneinrichtung von Olbrich ausgestattet. Zur Einrichtung gehören neben zwei großen über Eck laufenden Wandregalen mit integrierten Nischen und Sofas, verzierte Wandpaneele an allen Seiten sowie eine große Galerie, die sich an der hinteren Wand die Decke entlang erstreckt.
Ursprünglich schmückte dieser Inneneinbau die Halle vom Großen Haus Glückert auf der Mathildenhöhe, das der bedeutende Möbelfabrikant gleichen Namens als permanentes Ausstellungsgebäude nutzte. Die Galerie war ursprünglich über eine Treppe erreichbar und erschloss die oberen Räume der großen Künstlervilla. Im Museum hat sie diese Aufgabe nicht mehr, vermittelt aber wunderbar den gesamten Raumeindruck des Ensembles. Ganz in Weiß schon damals, gibt die künstlerische Gestaltung dem Foyer des Museums eine besondere Leichtigkeit und gleichzeitig die typische Olbrich‘sche Eleganz.
Funktional ist die Möblierung des Empfangs noch dazu: Denn man kann die edlen Ecksofas nicht nur betrachten. Hier kann man stilvoll und bequem auf Gepolstertem Platz nehmen und auf den Start von Führungen warten, bevor es dann links und rechts hinein geht zu den Ausstellungen des Museums.
Für den früh verstorbenen Olbrich war es einer seiner letzten Arbeiten: Er hatte die Möbel 1908 für das Große Glückert Haus entworfen, als sich Hausherr Julius Glückert für seine große Halle mit Kamin eine Neugestaltung der ersten Einrichtung von 1901 wünschte. Nachdem die Villa am Alexandraweg in den Siebziger Jahren in den Zustand der ersten Ausstellung von 1901 zurückversetzt wurde, fand die originale „Zweit“-Ausstattung aus amerikanischen Pappelholz 1990 ein neues Zuhause im gerade eröffneten Museum des von Grund auf sanierten Ernst Ludwig-Hauses.
In der Dauerausstellung „Raumkunst – Made in Darmstadt“ stellt das Museum Künstlerkolonie das kreative Schaffen der Künstlerkolonie-Mitglieder von 1899 bis 1914 vor. Dazu gibt es jeden Sonntag um 13 Uhr eine Führung durch die Ausstellung. Die nächsten Termine sind am 5. sowie am 12. und 19. Februar, sie kosten jeweils den Museumseintritt zuzüglich 3 Euro. Für Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren wird an jedem ersten Samstag im Monat um 15 Uhr eine Führung unter dem Titel „Kommen, sehen, Kunst erleben“ angeboten – die nächste ist am 4. Februar und kostet inklusive Eintritt 3 Euro.
Die nächste Sonderausstellung in den Bildhauerateliers ist vom 28. April bis 23. Juli zu sehen. Sie zeigt unter dem Titel „Andauernde Heimkehr“ Werke des Fotografen Jan Kricke. Kurator ist Dr. Philipp Gutbrod, Direktor des Instituts Mathildenhöhe. Die Ausstellung ist auch Teil der 12. Darmstädter Tage der Fotografie, die vom 28. April bis 7. Mai ausgetragen werden (www.dtdf. de).
***