Schlagwort-Archive: Hoetger

Welterbefest: Ganz großes und ein ganz kleines Kino

Es war ganz großes Kino, was die Stadt Darmstadt mit dem Welterbefest Mathildenhöhe auf die Beine gestellt hat. Richtig begeistert war 23 Quer aber auch von einem ganz kleinen vor dem Eingang zum Hochzeitsturm: dem „Hoetger Kino“. Ein weißer Pavillon von drei mal drei Metern, darin ein paar Stühle und ein Bildschirm. Zu sehen gab es eine Filmpremiere der besonderen Art: die „Hoetger Geheimnisse erzählt von Dr. Tino Wehner“. Ein kleines Filmjuwel, produziert vom Förderkreis Hochzeitsturm, das mit vielen Geschichten und Details zur Entstehung der Skulpturen im Platanenhain zu überraschen weiß.

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„Bonze des Humors“ – eine Lichtgestalt von Hoetger

Man muss unwillkürlich lachen, wenn man diesen dicken Bauch und den rundlichen Kerl dazu sieht: der „Bonze des Humors“ von Bernhard Hoetger. Bonze, damit bezeichnete man im asiatischen Raum früher einen buddhistischen Mönch oder Priester. Und dieser hier hat offensichtlich Humor, wie der Titel festhält, aber auch die Figur so überzeugend zeigt. Die pure Lebensfreude strahlt sie aus mit ihrem ansteckenden Lachen. Man möchte sich schon fast selbst den Bauch halten.

Zum Kugeln: Da lacht der Mönch und hält sich den Bauch (Bernhard Hoetger, 1914).

Anzuschauen ist die so heitere Arbeit in Worpswede in Niedersachsen, in einem Park mit lichten Bäumen mitten im berühmten Künstlerdorf. Der lachende Mönch ist Teil einer größeren Figurengruppe mit denen der Bildhauer Bernhard Hoetger die Licht- und Schattenseiten menschlicher Eigenschaften thematisierte. Der „Bonze des Humors“ gehört wohl selbstredend zu den Lichtseiten menschlicher Natur. Doch auch in Darmstadt können wir Hoetgers lachenden Mönch heute noch entdecken.

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Bernhard Hoetger und sein „Darmstädter Torso“

Der Bildhauer und Architekt Bernhard Hoetger wurde vor genau 150 Jahren, am 4. Mai 1874, in Dortmunder Stadtteil Hörde geboren. Wie kaum ein anderer seiner Disziplin begleitete er während seiner künstlerischen Entwicklung den Aufbruch in die Moderne: Er wurde ihr Zeuge und prägte sie selbst maßgeblich. Zeit seines Lebens experimentierte er mit den Stilen und ließ sich von vielen unterschiedlichen Kulturen inspirieren. So auch in Darmstadt, wo er für die letzte Ausstellung der Künstlerkolonie von 1914 auf der Mathildenhöhe wirkte. Dort bilden der von ihm mit über 40 Skulpturen, steinernen Pflanztrögen und Reliefwänden gestaltete Platanenhain sowie eine Reihe weiterer Kunstwerke im Außenraum zentrale Elemente des Darmstädter UNESCO Weltkulturerbes.

Mit dieser zarten Dame aus Bronze fingen die so überaus fruchtbaren Beziehungen des Bildhauers nach Darmstadt überhaupt erst an. Bernhard Hoetger fertigte sie 1909 und gab ihr ursprünglich den Titel „Jugend“. Sie war ein Auftragswerk für Großherzog Ernst Ludwig, bestellt von seinem Kabinettschef Gustav von Römheld.

Nur wenige Jahre später, 1911, wurde Hoetger vom Großherzog an die Künstlerkolonie Darmstadt berufen. Seitdem ist die Skulptur, nicht nur in Südhessen, bekannt unter ihrem zweiten Namen: der „Darmstädter Torso“.

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An der frischen Luft: die Platanenhain-Skulpturen

„Same procedure as every year“: Wie jedes Jahr galt es auch in diesem Frühjahr wieder, die Skulpturen im Platanenhain von ihrem Winterschutz zu befreien. Denn in der kalten Jahreszeit ist von 21 Figuren des Bildhauers Bernhard Hoetger nicht viel zu sehen. Die 7 Krugträgerinnen (ohne die 3 der Brunnengruppe) und die 10 Löwenvasen der Nord- und Südseite sowie die 4 Schakalsvasen neben dem Denkmal der „Sterbenden Mutter mit Kind“ werden in der Wintersaison allesamt von einem Holzhäuschen ummantelt und vor der Witterung geschützt. Um Ostern herum ist es jedes Jahr wieder soweit, werden die Wintereinhausungen mit vereinten Kräften wieder abgebaut. Seit heute sind die wunderbaren Bildhauerarbeiten wieder befreit und können die frische Luft genießen.

An vorderster Stelle ist hier die Darmstädter Schreinerei Uhland zu nennen, die mittlerweile sehr routiniert die über 110 einzelnen Bauteile abmontiert und zur Firma Schenck abtransportiert, wo diese kostenlos eingelagert werden können. Der Transport der schweren Holzplatten wird mit luftbereiften Handkarren durchgeführt, um den Boden des Platanenhains zu schonen. Die Transportfahrzeuge selbst stehen außerhalb des Platanenhains.

Seit vielen Jahren sehr engagiert mit dabei sind auch die beiden Fördervereine der Mathildenhöhe: Der Förderkreis Hochzeitsturm e.V. trägt 2024 wieder die Kosten für den Abbau der Einhausungen in Höhe von 2.300 Euro. Insgesamt hat der Förderkreis damit in 18 Jahren bisher über 40.000 Euro zum Schutz der Hoetger-Skulpturen aufgewendet. Auch die Mitglieder des Vereins Freunde der Mathildenhöhe e.V. haben die Firma Uhland in diesem Jahr wieder beim Abbau unterstützt, der 23. Einsatz seit 2012.

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„Mutter mit Kind“ alias Paula Modersohn-Becker

Das Grab von Paula Modersohn-Becker in Worpswede.

Die Malerin Paula Modersohn-Becker starb am 20. November 1907 im Alter von nur 31 Jahren, kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes. Ihr Grab auf dem Friedhof von Worpswede wurde von Bernhard Hoetger gestaltet, ihrem guten Freund und Ratgeber seit gemeinsamen Pariser Zeiten. Ihr Grabmal inspirierte den Bildhauer unverkennbar bei der Gestaltung des zentralen Denkmals auf dem Platanenhain: die „Sterbende Mutter mit Kind“. Das Darmstädter Kunstwerk entstand erst einige Jahre später, zur Ausstellung der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe von 1914.

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Emy, Ella und Ester – die Frauen der Mathildenhöhe

Ein richtiger „Männerclub“ war sie, die Künstlerkolonie Mathildenhöhe. 23 Künstler zählt man von ihrer Gründung in 1899 bis zu ihrer letzten Ausstellung in 1914 – und alle waren sie männlichen Geschlechts. So überhaupt nicht emanzipatorisch war der Aufbruch in die Moderne in Darmstadt, möchte man meinen. Doch dieses Bild einer Männerdomäne stimmt nicht so ganz. Wie die bahnbrechenden Ausstellungen zu den „Sturm-Frauen“ (2015/16) und den „Fantastischen Frauen“ der Surrealisten (2020) in der Frankfurter Schirn, entdeckt man auch in Darmstadt die „Frauen der Mathildenhöhe“. Die Kunsthistorikerin Renate Charlotte Hoffmann hat sich mit diesem bisher relativ unbeachteten Aspekt der Künstlerkolonie auseinandergesetzt und eine Fülle an Material und Namen zusammengetragen – und siehe da: Der weibliche Beitrag ist erstaunlich.

Sie waren Modelle, Schülerinnen, Assistentinnen, manche sogar als Mitarbeiterin angestellt, aber den Ruhm, Teil einer künstlerischen Avantgarde gewesen zu sein, den heimsten dann in aller Regel die männlichen Künstler ein. Die Frauen der Mathildenhöhe gerieten in Vergessenheit. Besonders interessant sind dabei die Frauenfiguren, die maßgeblich an dem Erscheinungsbild des UNESCO-prämierten Ensembles und seiner Raum- wie Gebrauchskunst mitgestaltet haben, an Objekten, die eigentlich bekannt sind als das Werk eines der bekannten Mathildenhöhenkünstler. Hinter Bernhard Hoetger, Emanuel J. Margold und selbst hinter Joseph M. Olbrich standen jedoch auch starke und beeindruckende Frauen, die ihre künstlerische Handschrift auf der Mathildenhöhe hinterlassen haben.

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Déjà-vu oder Hoetgers tierische Doppelgänger

In Darmstadt zieren sie oben die massiven Eingangspfeiler zum Platanenhain, doch die beiden fauchenden Raubkatzen aus Bronze sind keineswegs Unikate. Ihr Schöpfer Bernhard Hoetger hat sie gleich mehrfach eingesetzt. Doppelgänger von ihnen findet man sowohl in Worpswede als auch in Bremen.

Denn den gebürtigen Dortmunder zog es in den Norden. Darmstadt war 1911 nur eine kurze Zwischenstation für den Bildhauer, noch dazu unterbrochen von einem zehnmonatigen Aufenthalt in Florenz und einem ersten Umzug nach Fischerhude in 1913. Nach der Ausstellung der Künstlerkolonie Darmstadt von 1914 verabschiedete sich Hoetger endgültig von Südhessen, um zu einem der bekanntesten Vertreter des norddeutschen Expressionismus in Bildhauerei und Architektur zu werden. Wer heute seinen Spuren folgt, hat als Darmstädter nicht selten das Gefühl eines Déjà-vus. Insbesondere den beiden Bronzen mit den sich streckenden Knaben auf dem Rücken kann man auf dieser Reise gleich mehrfach begegnen.

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Hoetgers Raubtiergehege auf dem Platanenhain

Tierische Wächter: Die Löwen auf dem Platanenhain.

„Die Löwen sind los!“ Das ist das Leitmotiv einer ganzen Reihe aus mittlerweile sechs Artikeln auf 23 Quer, die sich auf Safari über die Mathildenhöhe begeben, immer auf der Jagd nach den Tieren mit der wilden Mähne. Einen regelrechten Raubtier-Zoo beherbergt der Platanenhain, den wir heute durchpirschen – und ausgesprochen reiche Beute machen: Denn der Bildhauer Bernhard Hoetger, der für die Ausstellung von 1914 den Platanenhain mit einem ganzen Skulpturenpark ausstattete, hat Löwen an vielen Stellen seines Monumentalkunstwerks eingesetzt. Wenn man alle seine Arbeiten zusammenzählt, kommt man auf insgesamt 49 Löwendarstellungen, dazu noch die zwei Raubkatzen über dem Eingang. Es faucht und brüllt an allen Ecken!

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Die „niesenden Igel“ der Rosenhöhe: Löwenhochsitz

Na, erkennen Sie in dem historischen Bild, der Schwarz-Weiß-Aufnahme unten, die tierischen Gestalten auf den Säulen oben wieder? Ja, genau, das sind die sechs Löwen, die heute von den Backsteinsäulen am Eingang zur Rosenhöhe hinunterbrüllen. Die „niesenden Igel“, so ihr Spitzname, thronten mit ihrer stacheligen Mähne 1914 über dem Eingang zur letzten Ausstellung der Künstlerkolonie Mathildenhöhe. Sie waren Teil eines monumentalen Eingangsportals zum Ausstellungsgelände, das der leitende Architekt Albin Müller damals am Nicolaiweg vor dem südlichen Eingang zum Platanenhain und vor dem Lilienbecken mit seiner dahinter liegenden Russischen Kapelle positionierte und mit Kassenschaltern versah. Bei seinem Entwurf arbeitete er mit dem Bildhauer Bernhard Hoetger zusammen, Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie wie er, der zeitgleich den Platanenhain mit rund 70 Plastiken ausschmückte.

Doch mit Bernhard Hoetgers Arbeit war Albin Müller dann gar nicht zufrieden, wie seinen Ende der Dreißiger Jahre verfassten Lebenserinnerungen deutlich zu entnehmen ist:

<< Ich hatte für die hochstehenden sechs Löwen je zwei wuchtige Doppelsäulen aus mächtigen Kunststeintrommeln aufgebaut. Als endlich in letzter Stunde die Löwen geliefert wurden, zeigte es sich, daß sich Hötger hierbei weder an meine Angaben, noch an die festgesetzten Maße gehalten hatte. Die massiven, mächtigen Löwenplastiken waren deshalb für meine Säulen viel zu schwer und stören das reine Maßverhältnis meines Säulenunterbaus ganz empfindlich. Darum habe ich bei dem späteren Aufbau auf der Rosenhöhe die sechs Doppelsäulen verworfen und statt deren sechs Pfeiler aufgemauert, die zu den Maßen der Löwen nun im rechten Einklang stehen. >>

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Ein Versorgungsnetz für knorrige Charakterköpfe

Nach der zügigen Fällung von 35 Platanen Anfang Oktober geht es nun den Bäumen im Platanenhain weiter an die Wurzel. Mit einem eigens konstruierten Bagger wird vorsichtig das unterirdische Versorgungsgitter gegraben, für die zukünftige Bewässerung und Belüftung der alten wie neuen Platanen mit der typischen „Darmstädter Hohlkrone“. Durch diese Spezialbehandlung kann die Stadt Darmstadt das monumentale Gesamtkunstwerk aus Bäumen und Skulpturen von Bernhard Hoetger, seit Sommer 2021 auch Teil des UNESCO Welterbes Mathildenhöhe, großflächig erhalten. Früher als geplant, bereits im Frühjahr 2023, soll der Platanenhain frisch saniert erstrahlen.

Jeder einzelne Baum des Platanenhains ist wichtig. Jede einzelne Platane fordert eine individuelle Beurteilung. Der Verein der Freunde der Mathildenhöhe hat dazu während der Entscheidungsphase jede Platane des Hains separat mit der Kamera festgehalten, 23 Querreihen à zumeist acht Bäumen pro Reihe galt es abzulichten. Eine einmalige Fotogalerie aus rund 180 knorrigen Charakterköpfen ist so entstanden. Die Baumportraits von Nikolaus Heiss sind ein besonderes fotografisches wie denkmalpflegerisches Dokument.

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Ein Haufen Holz auf dem Platanenhain: Handwerk im Dienst der hohen Kunst

Was haben diese langen Holzleisten mit den farbigen Enden mit der Mathildenhöhe zu tun? Ganz schön viel! Denn gäbe es sie nicht, dann würde es schwierig werden mit der Denkmalpflege auf dem Platanenhain. Die Darmstädter Schreinerei Uhland hat sie angefertigt. Ihre Mitarbeiter sind mittlerweile wahre Experten, was die vielen Skulpturen aus der Hand des Bildhauers Bernhard Hoetger angeht, die das rechteckige Areal zu Füßen des hohen Hochzeitsturms rahmen.

Jedes Jahr rückt das Team zweimal an. Im Herbst, um sie alle einzupacken, und im Frühjahr, um sie von ihrem Winterkleid zu befreien: einem Holzhäuschen, das jede einzelne von ihnen über die kalte Jahreszeit schützend unhüllt. Insgesamt 21 hat die Schreinerei Uhland davon angefertigt, die jedes Jahr zusammen- und wieder auseinandermontiert werden müssen. Und hier kommen die Holzleisten ins Spiel. Denn sie werden für die Einlagerung der mehr als hundert Holzwände und -decken gebraucht. Über den Sommer stehen sie bei der Firma Schenck, die hierfür eigens Lagerraum zur Verfügung gestellt hat. Nikolaus Heiss und Claus Dieter Knöchel vom Vorstand der Freunde der Mathildenhöhe sind wie jedes Jahr im Frühling mit Vereinskollegen dabei, wenn Firmenschef Eberhard Uhland und sein tatkräftiges Team zur Demontage anrücken.

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Tierisches im Doppelpack: Dekorative Paare

Die Schakalsvasen vom Platanenhain – das ist doch das passende Motiv für den Monat November mit seinen vielen Feiertagen zum Totengedenken. Denn diese beiden Tiere, die mit ihrer spitzen Schnauze und den langen Ohren so neugierig über den Rand des Gefäßes schauen, sind an dieser Stelle des Monumentalkunstwerks ein sinnbildlicher Ausdruck für den Übergang in das Totenreich. Bildhauer Berhard Hoetger zitiert in diesem Objekt aus Gussstein das alte Ägypten, in dem Anubis, der Gott der Todesriten und der Mumifizierung, in Gestalt dieser Wüstentiere dargestellt wurde. Schakale gelten in vielen Kulturkreisen als Begleiter der Seelen in das Totenreich. Auf dem Platanenhain sind jeweils zwei dieser Vasen der Sterbenden Mutter mit Kind, der Großskulptur ganz im Westen der Anlage, links und rechts zur Seite gestellt.

Die Schakalsvasen sind auch deswegen gerade so interessant, weil sie mit ihrem Auftreten als tierisches Paar im Doppelpack momentan viele Geschwister auf der Mathildenhöhe haben. Denn Albin Müller, dem zur Zeit eine Sonderausstellung im Museum Künstlerkolonie gewidmet ist, hat Tierpaare häufig als Stilmittel für seine kleinen Meisterwerke der Raumkunst benutzt. In der Werkschau albinmüller3 sind eine Vielzahl solcher Objekte zu sehen.

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Der ältere Bruder hätte es verdient: Friedrich W. Kleukens statt Christian H.

Bis zum 5. November kann jeder noch Vorschläge einreichen für die Neubenennung von acht Straßen in Darmstadt. Deren bisherige Namensgeber haben einer Überprüfung der Stadt nicht Stand gehalten, ein Fachbeirat kam in einem ausführlichen und mit aller Sorgfalt erstellten Bericht 2018 zu dem Ergebnis, dass ihre Einstellung mit den Werten einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar seien. Der Magistrat der Stadt Darmstadt hat sich dessen Empfehlungen angeschlossen und am 8. Mai 2019 für eine Umbenennung votiert. Unter den acht Namen ist auch der eines Mitglieds der Künstlerkolonie Darmstadt: Christian Heinrich Kleukens. Bei ihm wurde die Umbenennung vom Fachbeirat einstimmig beschlossen, da er nachweisbar in mehreren NS-Organisationen nicht nur aktiv tätig war, sondern dort auch Karriere gemacht hat und aktiv für die NS-Ideologie eingetreten ist.

Doch den Namen „Kleukens“ gab es gleich zweimal auf der Mathildenhöhe. Und der andere, der Ältere, war für die Künstlerkolonie eigentlich der viel bedeutendere: Friedrich Wilhelm Kleukens. Er bietet sich als neuer, alter Namensgeber geradezu an.

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„Wir danken Euch allen!“ 23 Köpfe und ihr Weg in die Moderne. Ein Portrait.

Die TET-Stadt: Hoetgers ägyptisch inspirierte Monumental-Utopie

Für ein Kuriosum in der Architekturgeschichte sorgte Künstlerkolonist Bernhard Hoetger nur wenige Jahre nach seiner Zeit auf der Darmstädter Mathildenhöhe. Dem Keksfabrikanten Hermann Bahlsen entwarf er mitten im Ersten Weltkrieg ein monumentales Stadtviertel für Hannover, das mit dem Bauelementen aus dem Land der Pharaonen spielte, geweiht der einzigartigen Göttin des TET, dem Markenzeichen der Firma.

TET steht für eine ägyptische Hieroglyphe, die sich aus den drei Zeichen für Kobra, Brotlaib und Erde zusammensetzt und „ewig dauernd“ bedeutet. Diese Kartusche hatte sich die Firma Bahlsen 1903 als trendiges Markenzeichen für ihr ausgesprochen haltbares Buttergebäck eintragen lassen, das anfangs noch „Leibniz Cakes“ hieß. Später wurde es in das lautsprachlich gleiche „Leibniz Keks“ umgewandelt, und verhalf damit einer ganzen Backwarengattung zu ihrem deutschen Namen. Die ägyptische Kartusche mit dem TET ziert bis heute die Butterkekse von Bahlsen und auch das Firmenlogo.

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Ägyptomania auf dem Platanenhain oder Echnaton lässt grüßen

Ägyptisches war wieder schwer in Mode als sich Bernhard Hoetger um 1912 an die Gestaltung des Platanenhains auf der Mathildenhöhe machte. Vom Ägyptischen Hocker, den man bei Ausgrabungen gefunden hatte, waren die Möbeldesigner der Zeit sehr angetan und adaptierten den historischen Entwurf für ihre eigenen Stühle. Juweliere ließen sich für ihre Kollektionen vom farbenfrohen ägyptischen Schmuck inspirieren, und mit ägyptischen Ausdruckstänzen, die die Posen auf den Reliefs der alten Ägypter imitierten, unterhielt man das zeitgenössische Publikum. Schauriges von Mumien beschäftigte die Öffentlichkeit, und die Entdeckung Nofretetes im Dezember 1912 sorgte weithin für Aufsehen.

Für seinen Themenpark zum ewigen Kreislauf des Lebens bediente sich Hoetger bei vielen Kulturen und Zeiten, und natürlich durften auch die Pharaonen vom Nil hier nicht fehlen. Insbesondere Echnaton, der zu dieser Zeit in Europa wiederentdeckt wurde und dessen Tontafelarchiv komplett übersetzt war, hatte es ihm angetan.

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Mathildenhöhe, Lockdown: In tiefem Schlaf versunken

Seit gestern ist es still in Deutschland. Im vereinten Kampf gegen die Corona-Pandemie fällt das Land in einen November-Tiefschlaf, verstummt das öffentliche Leben. Auch auf der Mathildenhöhe bleibt das Museum Künstlerkolonie bis zum 30. November geschlossen. Alle geplanten Veranstaltungen und auch alle öffentlichen Führungen sind bis auf Weiteres abgesagt.

Geradezu symbolisch sehen wir uns da auf dem Platanenhain Bernhard Hoetgers Relief vom Schlaf gegenüber. Das passende Kunstwerk zur Zeit, möchte man sagen. Dazu noch im Freien! Nichts wie hin und selbst schauen, was Hans Hildebrandt 1915 so beschrieb: Mathildenhöhe, Lockdown: In tiefem Schlaf versunken weiterlesen