Bernhard Hoetger und sein „Darmstädter Torso“

Der Bildhauer und Architekt Bernhard Hoetger wurde vor genau 150 Jahren, am 4. Mai 1874, in Dortmunder Stadtteil Hörde geboren. Wie kaum ein anderer seiner Disziplin begleitete er während seiner künstlerischen Entwicklung den Aufbruch in die Moderne: Er wurde ihr Zeuge und prägte sie selbst maßgeblich. Zeit seines Lebens experimentierte er mit den Stilen und ließ sich von vielen unterschiedlichen Kulturen inspirieren. So auch in Darmstadt, wo er für die letzte Ausstellung der Künstlerkolonie von 1914 auf der Mathildenhöhe wirkte. Dort bilden der von ihm mit über 40 Skulpturen, steinernen Pflanztrögen und Reliefwänden gestaltete Platanenhain sowie eine Reihe weiterer Kunstwerke im Außenraum zentrale Elemente des Darmstädter UNESCO Weltkulturerbes.

Mit dieser zarten Dame aus Bronze fingen die so überaus fruchtbaren Beziehungen des Bildhauers nach Darmstadt überhaupt erst an. Bernhard Hoetger fertigte sie 1909 und gab ihr ursprünglich den Titel „Jugend“. Sie war ein Auftragswerk für Großherzog Ernst Ludwig, bestellt von seinem Kabinettschef Gustav von Römheld.

Nur wenige Jahre später, 1911, wurde Hoetger vom Großherzog an die Künstlerkolonie Darmstadt berufen. Seitdem ist die Skulptur, nicht nur in Südhessen, bekannt unter ihrem zweiten Namen: der „Darmstädter Torso“.

Die abgebildete Figur steht in Bremen in der berühmten Böttcherstraße, einer langen Backstein-Passage, die den historischen Rathausplatz mit dem Weserufer verbindet. Neben einzigartiger expressionistischer Architektur findet man entlang des Weges eine Vielzahl von Reliefs und Skulpturen Hoetgers. Der „Darmstädter Torso“ ist im dortigen „Hoetger-Hof“ zu sehen, in dem allein acht Arbeiten des Künstlers ausgestellt sind. Zwischen „Abend“ links und „Dämmerung“ rechts präsentiert sich die Darmstädter Figur in der Mitte eines Skulpturen-Trios aus drei Frauen. Wie es scheint, ist die „Jugend“ mit ihren goldpolierten Brüsten dabei eine besonders begehrenswerte Schönheit.

Abend, Jugend und Dämmerung von Bernhard Hoetger. (Foto: Petra Wochnik)

***

Hinterlasse einen Kommentar