Fertig saniert! Festliches Opening im Platanenhain

23 Querreihen mal 8 Längsreihen – das macht ein Raster von 184 Punkten. Und genau so viel Bäume zählt jetzt auch der frisch sanierte Platanenhain auf der Mathildenhöhe Darmstadt. Zum ersten Mal seit langer Zeit ist das Raster des grünen Rechtecks wieder komplett gefüllt mit den knorrigen, schattenspendenden Bäumen. Den kühlen Schatten des Blätterdachs genoss man besonders am Tag der Wiedereröffnung, dem 7. Juli 2023, der zu den heißesten des Jahres zählen sollte. Das Grünflächenamt und dessen Leiterin Anke Bosch hatte das „Platanenhain-Team“ zu einem Fest im kleinen Kreis geladen, um mit all jenen zu feiern, die sich jahrelang und engagiert für diesen ältesten Bestandteil des UNESCO-Areals und die Rettung möglichst vieler seiner Platanen eingesetzt hatten. Grünflächendezernent Michael Kolmer hatte schon einen Tag zuvor per städtischer Pressemitteilung die Sanierung des Platanenhains offiziell für beendet erklärt und gab den Park nun auch persönlich wieder frei für die Öffentlichkeit – zusammen mit Annette Hennemann vom Grünflächenamt. Die Landschaftsarchitektin hat das anspruchsvolle gärtnerische Großprojekt seit 2019 geleitet und mit einer Reihe von Experten an ihrer Seite erfolgreich zum Abschluss geführt.

Annette Hennemann und Michael Kolmer machen den Weg frei. (Foto: Nikolaus Heiss)

Sie erinnerte nochmals an die Anfänge des Projektes, an die verschiedenen Lösungsvorschläge zur Rettung des Platanenhains – darunter auch das radikale „Auskoffern“ der gesamten Mitte des Platanenhains mit hundert Bäumen. Zu diesem Kahlschlag ist es glücklicherweise nicht gekommen – auch dank des heftigen Aufbegehrens der Stadtgesellschaft, vieler Privatpersonen und dem Verein Freunde der Mathildenhöhe. Renate Charlotte Hoffmann, zweite Vorsitzende des Vereins, hatte sich 2017 sehr für die Rettung möglichst vieler Bäume eingesetzt (siehe 23 Quer: 60 Bäume sagen „Danke“) und freute sich nun auch über die gelungene Maßnahme. Am Ende waren es 40 Bäume, die gefällt wurden. Um jeden einzelnen Baum wurde dabei gerungen. Schwere Entscheidungen jeweils auch für das Grünflächenamt und Annette Hennemann.

Auch Kolmer betonte: „40 Bäume zu fällen war für uns keine leichte Aufgabe, da wir an erster Stelle für den Baumerhalt zuständig sind und Fällungen vermeiden wollen. Doch etliche Bäume waren in einem Zustand, der mehr ein Stagnieren als ein frisches Weiterleben bedeutete. Mit der Sanierung bestand die Chance hier einen teilweisen Neustart zu ermöglichen.“ Man sehe jetzt schon eine deutliche Verbesserung: „Die Neubäume haben in den letzten Tagen schon kräftiges Blattwerk ausgetrieben. 184 Platanen sind nun bestens gerüstet, dem Klimawandel standzuhalten.“ Für die nächsten 100 Jahre sei der Platanenhain auf jeden Fall gesichert.

Die Sanierung des Platanenhains dauerte von Ende Sommer 2021 bis zum Sommer 2023. Durch die Zusammenlegung zweier Bauabschnitte war sie damit deutlich – ein Jahr – früher fertig als ursprünglich geplant. Sie erfolgte nach einem von den Baum- und Bodengutachtern Dr. Weltecke und Dr. Streckenbach 2018 vorgelegten neuen Konzept, was die Erhaltung möglichst vieler der deutlich angeschlagenen Platanen ermöglichte: Um die Wasser- und Nährstoffversorgung der Bäume zu verbessern, wurde ein Grabenraster mit Substrataustausch und 160 Belüftungsrohren über den Platanenhain gezogen. Über das gesamte Rechteck wurde quasi ein riesiges Gitter geworfen, was in achtzig Zentimetern Tiefe liegt und unterirdisch die Pflanzen künftig mit allem Lebensnotwendigen versorgt. Insgesamt wurden 1800 Kubikmeter neues und lockeres Baumsubstrat in Gräben und im Wurzelbereich der Bäume eingesetzt, mit einer luftigen Tragschicht unter der Belagsdecke und 160 Belüftungsrohren, welche die Luft bis an die Wurzeln führen. Die Wasserversorgung erfolgt durch eine Tröpfchenbewässerung, bei der kein Tropfen Wasser mehr durch Verdunstung verloren geht. Neben dem Ersatz für 40 gefällte Platanen, wurden weitere 6 neue Bäume gepflanzt, die die bestehenden Lücken im Raster füllen. Dazu wurde auch eine der Löwenvasen auf der Südseite des Platanenhains unter denkmalpflegerischer Betreuung versetzt, da diese auf einem Rasterpunkt der Bäume stand.

Mai 2023: Die Bäume sind geliefert, die Löcher sind gegraben, jetzt wird gepflanzt.

Einen großen Anteil an der gelungenen Sanierung des Platanenhains hat das Frankfurter Planungsbüro grün3 von Albrecht Schaal mit Petra Breit als seiner Planerin und Bauleiterin. Unter den geladenen Gästen der sommerlichen Feierstunde waren auch Mitarbeiter der Landschaftsbaufirma August Fichter GmbH, die die umfangreichen Arbeiten im Platanenhain durchgeführt hat. So wurde etwa ein spezieller Saugbagger eingesetzt, um die Gräben zwischen den Bäumen vorsichtig zu ziehen, der Boden wurde ausgesaugt. Bis auf 70 Metern Länge ließ es sich mit diesem Gerät in den engen Zwischengängen des Platanenhains vorarbeiten. Zum Schutz des Bodens wurden für die Fahrwege unter dem Bagger weiche Überfahrplatten verlegt, sogenannte „Baggermatratzen“. Auch wurde das gesamte Projekt von Dendrologen, Experten für Bäume und Gehölze, zusätzlich begleitet.

Der große Moment für Annette Hennemann war der, als sie „ihre“ Platanen ein halbes Jahr nach den Grabungen prüften – und ihr Gärtnerinnenherz sofort höher schlug. Sie zeigt ein Foto und es ist deutlich zu sehen: Die Platanen-Patienten bilden neue Wurzeln im Substrat. Dort, wo sie vor der Sanierung mit ihren Wurzeln einfach nicht mehr durchkamen, betonhart der Grund. Dort, wo manche Bäume erstickten, aus Verzweiflung in ihren hohlen Stamm hineinwurzelten, sich vor lauter Hunger selbst auffraßen und nicht mehr zu retten waren – dort wächst nun wieder neues Leben im Blätterdach. Das ist doch eine Feier wert!

Noch feiert das „Platanenhain-Team“, bald wieder Brautpaare. (Foto: Nikolaus Heiss)

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Hinweis der Stadt Darmstadt zur zukünftigen Nutzung des Platanenhains: Radfahrerinnen und Radfahrer müssen in Zukunft absteigen und ihr Rad durch den Baumhain schieben, Fußgängerinnen und Fußgänger sind willkommen, das Boule-Spiel ist erwünscht.


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Zum guten Schluss noch zur Erinnerung: die Ankunft der neuen Bäume am 3. Mai 2023

(Fotos: Klaus Stolze)

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