Schlagwort-Archive: Mathildenhöhe

Olbrichs Erfindung: Ein Flügel mit acht Ecken

Der Gestaltungwille der Künstlerkolonie Darmstadt umfasste viele Bereiche des Lebens und machte auch vor der Musik nicht halt. Insbesondere reizte der Flügel als ein Musikinstrument, das viel Fläche für ornamentalen Schmuck bietet, zur künstlerischen Bearbeitung. War ein Flügel doch integraler Bestandteil der Wohnkultur großbürgerlicher Kreise, gehörte ein repräsentatives Musikzimmer zur Ausstattung eines jeden kunstbeflissenen Hauses. Ein solches besaß selbstverständlich auch Großherzog Ernst Ludwig in seinem Neuen Palais, das sich ehemals auf dem heutigen Georg-Büchner-Platz vor dem Staatstheater befand. Dort stand ab 1906 ein ganz besonderes Tasteninstrument: der „Olbrich-Mand-Flügel“. Erstmals öffentlich vorgestellt wurde er zur ersten Ausstellung der Künstlerkolonie von 1901 auf der Mathildenhöhe.

Eigentlich ist dieser spezielle Flügeltyp gar kein richtiger Flügel, denn ihm fehlt die charakteristische Flügelform, die dem Instrument überhaupt erst seinen Namen gegeben hat. Dieser Flügel hat acht Ecken und ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit von Joseph Maria Olbrich mit der vielfach prämierten Klavierbaufirma Mand aus Koblenz. Für die technische Innovation und die neue achteckige Form wurde vom Hersteller sogar ein Patent angemeldet.

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Was wäre das Ausstellungsgebäude auf der Mathildenhöhe ohne seinen Rahmen, ohne die vielen bepflanzten Pergolen aus Gussbeton, die alles mit wunderbarem Grün umkränzen? Schon die ersten Grundrisszeichnungen von Joseph M. Olbrich zeigen einen Bau, der bereits 1908 von einem Raster aus unzähligen Pergolen-Quadraten komplett eingefasst ist. An einigen Stellen sind diese sogar mehrgeschossig angelegt, so dass Wein und Rosen wie Kaskaden am Gerüst aus Beton hinabranken können. Die Verschmelzung von Architektur und Natur – hier am Fuße des Ausstellungshügels ist sie nun nach langjähriger Sanierung wieder zu bewundern.

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UNESCO Welterbetag- What a Wonderful Day!

Am deutschen Welterbetag, den die UNESCO 2024 am Sonntag, den 2. Juni, feierte, war die Mathildenhöhe Darmstadt als eine von insgesamt 52 Welterbestätten des Landes mit von der Partie – und alle ihre Freunde und Förderer selbstverständlich auch!

Die Freunde der Mathildenhöhe hatten wie gewohnt viele Informationen und jede Menge Bilder zum Welterbe mitgebracht. Direkt hinter der Russischen Kapelle war eine Litfaßsäule aufgebaut mit Plakaten zu Architektur, Skulpturen und Gartenanlagen, die nochmals vor Augen führten, was die Mathildenhöhe und ihre Künstlerkolonie eigentlich so einzigartig in und für die Welt macht. Nebenan, vor dem hohen Wahrzeichen der Stadt, kredenzte der Förderkreis Hochzeitsturm neben vielen anderen Getränken mit dem „Mathilden-Sekt“ das passende Gläschen, um an diesem Feiertag kräftig anzustoßen auf den bildschönen UNESCO-Musenhügel. (Fotos obere Reihe: Nikolaus Heiss, Peter Engels und Heidi Kriegbaum; mittlere Reihe li.: Renate Charlotte Hoffmann im Gespräch; Armin Riegel, Vorsitzender vom Förderkreis Hochzeitsturm.)

Im Mittelpunkt stand an diesem Tag jedoch eindeutig das Ausstellungsgebäude, das fertig saniert in ganzer Pracht und mit hochmoderner technischer Ausstattung zu besichtigen war. Es war gut besucht, dieses dritte Welterbefest für Darmstadt: Mehr als 2.000 Besucher und Besucherinnen zählte Gabriele König, Kulturreferentin der Stadt und Leiterin des UNESCO Welterbebüros Mathildenhöhe, die sich diese Gelegenheit nicht entgehen ließen und durch das weit geöffnete Gitter des Eingangs die rund 1.000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche mit ihrem nagelneuen Hirnholzparkett aus Kiefer betraten.

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„Bonze des Humors“ – eine Lichtgestalt von Hoetger

Man muss unwillkürlich lachen, wenn man diesen dicken Bauch und den rundlichen Kerl dazu sieht: der „Bonze des Humors“ von Bernhard Hoetger. Bonze, damit bezeichnete man im asiatischen Raum früher einen buddhistischen Mönch oder Priester. Und dieser hier hat offensichtlich Humor, wie der Titel festhält, aber auch die Figur so überzeugend zeigt. Die pure Lebensfreude strahlt sie aus mit ihrem ansteckenden Lachen. Man möchte sich schon fast selbst den Bauch halten.

Zum Kugeln: Da lacht der Mönch und hält sich den Bauch (Bernhard Hoetger, 1914).

Anzuschauen ist die so heitere Arbeit in Worpswede in Niedersachsen, in einem Park mit lichten Bäumen mitten im berühmten Künstlerdorf. Der lachende Mönch ist Teil einer größeren Figurengruppe mit denen der Bildhauer Bernhard Hoetger die Licht- und Schattenseiten menschlicher Eigenschaften thematisierte. Der „Bonze des Humors“ gehört wohl selbstredend zu den Lichtseiten menschlicher Natur. Doch auch in Darmstadt können wir Hoetgers lachenden Mönch heute noch entdecken.

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Bernhard Hoetger und sein „Darmstädter Torso“

Der Bildhauer und Architekt Bernhard Hoetger wurde vor genau 150 Jahren, am 4. Mai 1874, in Dortmunder Stadtteil Hörde geboren. Wie kaum ein anderer seiner Disziplin begleitete er während seiner künstlerischen Entwicklung den Aufbruch in die Moderne: Er wurde ihr Zeuge und prägte sie selbst maßgeblich. Zeit seines Lebens experimentierte er mit den Stilen und ließ sich von vielen unterschiedlichen Kulturen inspirieren. So auch in Darmstadt, wo er für die letzte Ausstellung der Künstlerkolonie von 1914 auf der Mathildenhöhe wirkte. Dort bilden der von ihm mit über 40 Skulpturen, steinernen Pflanztrögen und Reliefwänden gestaltete Platanenhain sowie eine Reihe weiterer Kunstwerke im Außenraum zentrale Elemente des Darmstädter UNESCO Weltkulturerbes.

Mit dieser zarten Dame aus Bronze fingen die so überaus fruchtbaren Beziehungen des Bildhauers nach Darmstadt überhaupt erst an. Bernhard Hoetger fertigte sie 1909 und gab ihr ursprünglich den Titel „Jugend“. Sie war ein Auftragswerk für Großherzog Ernst Ludwig, bestellt von seinem Kabinettschef Gustav von Römheld.

Nur wenige Jahre später, 1911, wurde Hoetger vom Großherzog an die Künstlerkolonie Darmstadt berufen. Seitdem ist die Skulptur, nicht nur in Südhessen, bekannt unter ihrem zweiten Namen: der „Darmstädter Torso“.

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„Meine Mathildenhöhe“: Flanieren mit Anja Herdel

Mit der Bewerbung um den UNESCO Welterbe-Titel für die Mathildenhöhe und ihre Künstlerkolonie war von Anfang an auch die Erwartung verbunden, dem Tourismus in Darmstadt einen gehörigen Schub zu geben. Unterbrochen von Pandemie und aufwändiger Sanierungen erstrahlt der Musenhügel Darmstadts im Frühjahr 2024 so schön wie nie. Auch das Ausstellungsgebäude hat mit dem 20. September 2024 nun den lang ersehnten offiziellen Eröffnungstermin. Alles bereit für viele Besucher aus dem In- und Ausland? Darüber hat sich 23 Quer mit Anja Herdel unterhalten und mit ihr einen kleinen Streifzug über die Mathildenhöhe unternommen. Denn wer könnte besser um die Zahlen und Fakten und um die Pläne und Erwartungen an den städtischen Tourismus wissen als die Geschäftsführerin der Wissenschaftsstadt Darmstadt Marketing GmbH, die mit ihrem 24-köpfigen Team sowie rund 50 Gästeführern die touristische Vermarktung der Stadt sowie ihres Leuchtturms Mathildenhöhe vorantreibt.

In der Rubrik „Meine Mathildenhöhe“ erzählen Menschen, die die Mathildenhöhe prägen, begleiten und für sie an den unterschiedlichsten Stellen wirken, ihre ganz persönlichen Geschichten zu diesem ganz besonderen Stück Darmstadt. Gemeinsam mit ihnen flanieren wir über den Musenhügel. Drei Orte, drei Stopps, drei Geschichten. Los geht’s!

Stopp 1: Das Große Haus Glückert mit dem Omega-Portal

Keine Frage, dass dieser Ort den ersten Stopp wert ist. Denn das Große Haus Glückert ist – ganz neu – nun wieder Bestandteil der öffentlichen aber auch individuell gebuchten 90-minütigen Führungen über die Mathildenhöhe, die Darmstadt Marketing anbietet. Damit ermöglicht diese größte aller Künstlervillen auf der Mathildenhöhe wieder regelmäßig einen Einblick in das Innere eines der berühmten UNESCO-Bauten. Schließlich waren alle acht einst als Gesamtkunstwerk konzipiert. Hier kann man eines komplett in seiner ganzen Raumwirkung erleben: das Highlight jeder Führung.

Zugänglich ist die von Joseph M. Olbrich gebaute Jugendstilvilla nur im Rahmen von geführten Rundgängen von Darmstadt Marketing oder spezieller Veranstaltungen. Gesichert sind Tor und Eingang durch viele Schlösser. Und mit dem Großen Haus Glückert hatte auch Anja Herdel ihre erste „Schlüsselerfahrung“ auf der Mathildenhöhe. Gut 30 Jahre ist es mittlerweile her, dass sie als junge Frau zum ersten Mal den Schlüssel für diese herrliche Jugendstilvilla in den Händen hielt. Als Gästeführerin. Denn damit ging für sie, die sich in ihrem Studium auch mit Baugeschichte auseinandergesetzt hatte, 1993 ihre Karriere bei der Stadt Darmstadt los. Sie erinnert sich: „Ich wurde zu dieser Zeit gebeten, im Großen Haus Glückert die Aufsicht für einen Tag zu machen. Stunden habe ich auf dem von Olbrich eingebauten Stuhl an der Holztreppe links neben dem Kamin gesessen.“

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An der frischen Luft: die Platanenhain-Skulpturen

„Same procedure as every year“: Wie jedes Jahr galt es auch in diesem Frühjahr wieder, die Skulpturen im Platanenhain von ihrem Winterschutz zu befreien. Denn in der kalten Jahreszeit ist von 21 Figuren des Bildhauers Bernhard Hoetger nicht viel zu sehen. Die 7 Krugträgerinnen (ohne die 3 der Brunnengruppe) und die 10 Löwenvasen der Nord- und Südseite sowie die 4 Schakalsvasen neben dem Denkmal der „Sterbenden Mutter mit Kind“ werden in der Wintersaison allesamt von einem Holzhäuschen ummantelt und vor der Witterung geschützt. Um Ostern herum ist es jedes Jahr wieder soweit, werden die Wintereinhausungen mit vereinten Kräften wieder abgebaut. Seit heute sind die wunderbaren Bildhauerarbeiten wieder befreit und können die frische Luft genießen.

An vorderster Stelle ist hier die Darmstädter Schreinerei Uhland zu nennen, die mittlerweile sehr routiniert die über 110 einzelnen Bauteile abmontiert und zur Firma Schenck abtransportiert, wo diese kostenlos eingelagert werden können. Der Transport der schweren Holzplatten wird mit luftbereiften Handkarren durchgeführt, um den Boden des Platanenhains zu schonen. Die Transportfahrzeuge selbst stehen außerhalb des Platanenhains.

Seit vielen Jahren sehr engagiert mit dabei sind auch die beiden Fördervereine der Mathildenhöhe: Der Förderkreis Hochzeitsturm e.V. trägt 2024 wieder die Kosten für den Abbau der Einhausungen in Höhe von 2.300 Euro. Insgesamt hat der Förderkreis damit in 18 Jahren bisher über 40.000 Euro zum Schutz der Hoetger-Skulpturen aufgewendet. Auch die Mitglieder des Vereins Freunde der Mathildenhöhe e.V. haben die Firma Uhland in diesem Jahr wieder beim Abbau unterstützt, der 23. Einsatz seit 2012.

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Hochstapelei oder mit Ot Hoffmann in die Vertikale

Das große „Baumhausfest“ feierte heute in Darmstadt den Architekten Ot Hoffmann, den sprühenden Meister des Experiments und Pionier ökologischen Bauens in seinem außergewöhnlichen Wohn- und Geschäftsgebäude, das 1972 einen Meilenstein setzte.

In Kürze folgt dazu ein Artikel auf 23 Quer.

Seien Sie gespannt auf jede Menge „Quer“-Bezüge zur Mathildenhöhe.

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Es grüßt der Frühling!

Es grüßt der Frühling! weiterlesen

Er war der wirklich vornehme Gentleman, mit einem Herzen eines ganz jungen Menschen. Die große Freude an der Kunst brachte uns zusammen, und so oft irgend Jemand Interessantes bei ihm war, ließ er es mich wissen, und dann lief ich hinüber in sein schönes, mit Kunstschätzen gefülltes Haus und blieb dort in angeregtem Gespräch zum Mittag- oder Abendessen. Obwohl die beiden Heyls ganz in der großen Tradition lebten, konnten sie mein großes Interesse für die junge Kunst begreifen, und oft haben sie auch die Künstler der Künstlerkolonie bei sich gesehen.

Grossherzog Ernst Ludwig

Die Salonlöwen von Darmstadt: Maximilian und Doris von Heyl

Wer einst etwas auf sich hielt in Darmstadt, der kam an diesen beiden nicht vorbei. Sie waren die absoluten gesellschaftlichen Größen der Residenz – und wer eine Einladung von Maximilian und Doris von Heyl erhielt, der konnte sich zu den „Who is Who“ am Woog zählen. Sie wohnten, nein, sie residierten im „Heylshof“, einem prächtigen Stadtpalais in der Weyprechtstraße. Dieses entwickelte sich ab den 1890er Jahren zu einem der bekanntesten Treffpunkte für Künstler, Literaten und die Spitzen der Darmstädter Gesellschaft. Doris von Heyl sorgte mit ihren Einladungen zu Musikveranstaltungen, Tanztees, Bällen, Konzerten und Galadiners dafür, dass sich viele Jahre lang alles, was in der Residenzstadt Rang und Namen hatte, bei ihnen ein Stelldichein gab. Besonderen Glanz verlieh den Veranstaltungen im Heylshof, dass Großherzog Ernst Ludwig und Großherzogin Eleonore, die eine persönliche Freundschaft mit Max und Doris von Heyl verband, dort häufiger zu Gast waren. Auf „Du und Du mit dem Großherzog“, so beschreibt Peter Engels, Leiter des Darmstädter Stadtarchivs“, das gutnachbarschaftliche Verhältnis zwischen Regent und Mäzen.

Zu Gast bei den von Heyls: der Darmstädter Musenhof weiterlesen

PS.: Patriz Huber – Drama bis zum letzten Sch(l)uss

In diesem Garten hinter einer prächtigen Gründerzeitvilla in Berlin-Charlottenburg lebte und arbeitete Patriz Huber in den letzten Monaten seines Lebens. Nachdem der Vertrag für das hochgelobte Talent der Darmstädter Künstlerkolonie „nach Querelen“ nicht verlängert wurde, bezog er auf diesem Gelände ein bescheidenes Gartenatelier. Auf diese Fenster wird er wohl tagtäglich geblickt haben. So auch an dem Tag, an dem er sich mit einem Revolver erschoss. Doch das Drama war mit seinem Tod am 20. September 1902 noch längst nicht zu Ende. Es fand seine Fortsetzung in einem Zug von Berlin nach Neustrelitz.

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Das Ende: Patriz Huber – voller Pläne, so enttäuscht

Als am 15. Mai 1901 die 1. Ausstellung der Künstlerkolonie Darmstadt ihre Pforten öffnete, war Patriz Huber gerade 23 Jahre alt. Zwei äußerst arbeitsreiche Jahre lagen hinter ihm, in denen der junge Möbelgestalter und Innenarchitekt sich für eine vielversprechende Zukunft empfahl. Die Auftragsbücher waren voll, sein moderner, aber dennoch elegant-gediegener Einrichtungsstil war gefragt. Doch es sollte alles ganz anders kommen. Nur ein Jahr nach dem Ende der Ausstellung im Herbst 1901 setzte er sich am 20. September 1902 in seiner Wohnung in Berlin, nach einem Besuch des Darmstädter Redakteurs Felix Commichau, einen Revolver an die rechte Schläfe und war sofort tot.

„Mysteriöser Selbstmord“ titelte das Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, die am Montag, den 22. September 1902, als erstes von diesem Vorfall am Wochenende im Stadtteil Charlottenburg Bericht erstattete. Noch am gleichen Tag folgte die Berliner Neueste Nachrichten:

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Der Anfang: Patriz Huber – so jung, so reif, so begabt

Schon früh wurde sein großes Talent von Alexander Koch entdeckt: Der Darmstädter Verleger hatte in der „Deutschen Kunst und Dekoration“ wie der „Innendekoration“, die um die Jahrhundertwende zu den führenden Magazinen rund um Fragen der Gestaltung und Inneneinrichtung zählten,kleinere Wettbewerbe ausgeschrieben, um neue kreative Köpfe zu entdecken und bekannt zu machen. Besonders vielversprechend zeigte sich dabei ein junger Künstler, der noch als Student mehrfach erfolgreich an ihnen teilnahm: Patriz Huber.

Mit nur 21 Jahren wurde er 1899 aufgrund seiner Begabung von Großherzog Ernst Ludwig als einer von sieben Künstlern an die Darmstädter Künstlerkolonie berufen. Zusammen mit dem Jüngsten der Gruppe, dem nur 20-jährigen Paul Bürck, bezog er eine kleine Einliegerwohnung im Untergeschoss des Ernst Ludwig-Hauses, dem damaligen Ateliergebäude der Künstler, und richtete die zwei Wohnungen nach eigenen Entwürfen ein. Ein Stockwerk höher besaß er, wie die anderen Künstler, ein eigenes Atelier. Seines befand sich direkt neben dem des Bildhauers Rudolf Bosselt. Hier saß man auch gelegentlich zusammen, wie eine seltene Aufnahme gemeinschaftlichen Lebens und Arbeitens von 1901 in Hubers Atelier zeigt:

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Patriz Huber: Portrait eines Ausnahmetalents

Mit 21 Jahren gehörte er 1899 zu den Jüngsten im „Club der jungen Wilden“, die Großherzog Ernst Ludwig in seine frisch gegründete Darmstädter Künstlerkolonie berief: Patriz Huber. Neben Peter Behrens sollte er zum „Shooting-Star“ der 1. Ausstellung von 1901 werden. Für die Mathildenhöhe entwarf er Schmuck und Gebrauchskunst, überzeugte besonders aber als Möbelgestalter und Innenarchitekt. Er gilt nicht wenigen als ein Künstler, der das Potential hatte, ein zweiter „Henry van de Velde“ zu werden. Doch es sollte ihm nicht vergönnt sein. Am 20. September 1902 nahm er sich mit nur 24 Jahren in Berlin das Leben.

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Start für 2024: Los geht’s wieder im Platanenhain!

Mit ganz viel Boule fing das neue Jahr auf der Mathildenhöhe an: Auf dem neuen Kies des Platanenhains fanden sich viele Gruppen ein, um direkt am 1. Januar auf 2024 anzustoßen. Was in diesem Fall durchaus wörtlich gemeint ist. War nach der Auslosung erstmal die Entscheidung gefallen, ob man ein Doublette oder Triplette spielt – man also drei oder zwei Würfe hat, zu zweit oder zu dritt in einer Mannschaft ist – dann konnte es los gehen zwischen den 184 Bäumen mit ihren knorrigen Ästen. Auch nach der Sanierung ist der Platanenhain wieder die stilechte und zentrale Spielarena der Freunde des französischen Nationalsports in Darmstadt. Das Boule-Spielen ist dort von der Stadt ausdrücklich erlaubt.

An diesem kühlen ersten Nachmittag des Jahres zog auch ein wenig Savoir vivre auf die deutsche Art in den weitläufigen Skulpturengarten. Denn für die Spieler und Spielerinnen gab es neben viel Prickelndem im Glas auch einen köstlichen Heringssalat zur Stärkung, aus selbst eingelegten und gesäuberten Salzheringen nach altem Hausrezept. Eine seit vielen Jahren gepflegte Tradition zum Start in die Saison, die noch jeden Sylvesterkater vertreibt und die man in diesem Jahr besonders genoss. War es doch das erste Neujahrs-Boule nach langer Zeit der Schließung, das man wieder an seinem Lieblingsplatz unter dem Hochzeitsturm feiern konnte.

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Frohe Weihnachten!

Unser Hochzeitsturm macht sich auch als schlanker Weihnachtschmuck ganz ausgezeichnet, finden Sie nicht? Es muss ja nicht immer eine Kugel sein, die unser Auge zu Weihnachten erfreut. Nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern das ganze Jahr über ist uns die Darmstädter Mathildenhöhe ein wunderbarer Blickfang. Als Lektüre zum Fest empfiehlt 23 Quer Ihnen an dieser Stelle nochmals eine ganz besondere Weihnachtsgeschichte:

Geburt einer Schönheit: Die Künstlerkolonie oder am Anfang war das Wort. – Viel Spaß beim Lesen!

„Meine Mathildenhöhe“: Flanieren mit Hans Gerhard Knöll

Man hat das Gefühl, es geht etwas zu Ende – und eine neue Zeit beginnt. Das ist überall festzustellen: in der Gesellschaft mit ihren vielen Umbrüchen. Auf der Mathildenhöhe, die nach der UNESCO-Auszeichnung im Sommer 2021 nun langsam vollendet saniert erscheint und zu ganz neuen touristischen Ufern aufbricht. Auch beim Verein Freunde der Mathildenhöhe endet eine Ära und beginnt eine neue Zeitrechnung. Denn mit Hans Gerhard Knöll verabschiedet sich im Dezember 2023 ein Mann aus der allerersten Reihe und Riege, der als langjähriger Vorsitzender des Vereins dessen Geschicke und damit auch ein wenig die der Mathildenhöhe maßgeblich geprägt hat. Keine Frage also, dass 23 Quer mit ihm über die Mathildenhöhe flanieren musste.

In der Rubrik „Meine Mathildenhöhe“ erzählen Menschen, die die Mathildenhöhe prägen, begleiten und für sie an den unterschiedlichsten Stellen wirken, ihre ganz persönlichen Geschichten zu diesem ganz besonderen Stück Darmstadt. Gemeinsam mit ihnen flanieren wir über den Musenhügel. Drei Orte, drei Stopps, drei Geschichten. Los geht’s!

Das erste Mal hat er die Mathildenhöhe gesehen, da war er Anfang Zwanzig und kam als junger Student des Bauingenieurwesens nach Darmstadt. Das ist nun auch schon über sechzig Jahre her. Aber genau wie damals fasziniert Gerhard Knöll bis heute die besondere Architektur, die man hier oben auf dem prämierten Hügel sehen kann. Er ist einer, der mit dem Auge eines Bauingenieurs auf die Gebäude, die Gärten und die Skulpturen guckt, wo andere eher die kunstgeschichtlichen Zusammenhänge oder die Schönheit der Anlage sehen. Sein Blick geht oft hinter die Fassade, auf die zugrunde liegende Konstruktion der Gebäude. Er kann sich dabei immer wieder über die innovativen Ansätze begeistern, die die Künstlerkolonie Darmstadt insbesondere auch bei der Bautechnik hatte.

Einer seiner Lieblingsorte auf der Mathildenhöhe ist das Ausstellungsgebäude, 1908 gebaut von Joseph Maria Olbrich für die dritte, die Hessische Landesausstellung für freie und angewandte Kunst. Breit thront es auf dem alten Wasserspeicher der Stadt, wodurch es seine imposante Höhe erhält, obwohl es eigentlich nur ein eingeschossiger Bau ist. Der Gebäuderiegel fungiert als Spange, die den Hochzeitsturm links mit der Russischen Kapelle rechts verbindet. Es fasst die einzelnen, doch recht unterschiedlichen Gebilde, zu etwas Einheitlichem zusammen, lässt überhaupt erst den Eindruck eines Ensembles entstehen. Das Ausstellungsgebäude ist ein wichtiges architektonisches Element für das gesamte Erscheinungsbild der Mathildenhöhe.

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Café Restaurant Mathildenhöhe

Sabaisplatz 1 – 64287 Darmstadt

Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 10:00 – 22:00 Uhr

Telefon: +49 (0)172 6623182

caferestaurantmathildenhöhe.de

„Mutter mit Kind“ alias Paula Modersohn-Becker

Das Grab von Paula Modersohn-Becker in Worpswede.

Die Malerin Paula Modersohn-Becker starb am 20. November 1907 im Alter von nur 31 Jahren, kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes. Ihr Grab auf dem Friedhof von Worpswede wurde von Bernhard Hoetger gestaltet, ihrem guten Freund und Ratgeber seit gemeinsamen Pariser Zeiten. Ihr Grabmal inspirierte den Bildhauer unverkennbar bei der Gestaltung des zentralen Denkmals auf dem Platanenhain: die „Sterbende Mutter mit Kind“. Das Darmstädter Kunstwerk entstand erst einige Jahre später, zur Ausstellung der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe von 1914.

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