Schlagwort-Archive: Jobst

Buchtipp: „Steine für die Ewigkeit“ – Jugendstil von Daniel Dell in Griesheim

Ein Bildhauer, der weithin unbekannt ist, aber in engem Zusammenhang mit der Mathildenhöhe Darmstadt und der Künstlerkolonie steht, war in Griesheim Zuhause: Sein Name ist Daniel Dell. Er kannte die Bildhauerateliers der Künstlerkolonie gut, hat die Künstler Ludwig Habich und vor allen Dingen Heinrich Jobst unterstützt, für den er zahlreiche Arbeiten ausführte, glaubt man der zeitgenössischen Presse. Obwohl er nie offiziell zur Künstlerkolonie gehörte, hat ihn die Künstlerkolonie Darmstadt geprägt, von der er sich deutlich inspirieren ließ. Die Griesheimer Kunsthistorikerin Heike Jakowski hat sich intensiv mit Daniel Dell (1868 – 1941) auseinandergesetzt und nun ein Buch veröffentlicht, das erstmals Leben und Werk dieses relativ unbekannten Jugendstilbildhauers umfassend würdigt.

Seine „Steine für die Ewigkeit“, so der Buchtitel, kann man bis heute im Griesheimer Friedhof bestaunen. Die meisten der über 80 historischen Grabdenkmäler dort stammen von ihm und stellen einen einzigartigen Schatz für die Region dar. Ein Spaziergang entlang der alten Friedhofsmauer gleicht förmlich einem Gang durch einen Skulpturenpark. Eine erste Führung der Autorin, zu der der Darmstädter Verein Freunde der Mathildenhöhe am 25. Mai eingeladen hatte, fand großen Anklang. Mehr als 40 Teilnehmer ließen sich von der hohen Steinmetzkunst aus Griesheimer Werkstatt beeindrucken, die für einen Friedhof in seiner Vielfalt und Qualität einmalig ist im Landkreis Darmstadt-Dieburg.

An nicht wenigen Stellen auf dem Gelände sind Bezüge zur Mathildenhöhe herzustellen: Man stand sichtbar im gegenseitigen Austausch, Dell in seiner Griesheimer Werkstatt in der Frankfurter Straße und die Bildhauer in Darmstadt auf der Mathildenhöhe. Etliche Motive und Formen sind von dem, was er in Darmstadt sah, inspiriert. Im Detail ist das alles wunderbar nachzulesen in dem reich bebilderten Band von Heike Jakowski, der ebenfalls eingeht auf die damaligen Gepflogenheiten der Bestattungskultur und wie diese im Rahmen allumfassender Reformbewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts neu gedacht wurden.

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Ein Mausoleum von Jobst, das nie gebaut wurde weiterlesen

Heinrich Jobst oder drei Bayern in Bad Nauheim

Fast jeder Künstler, der zur Ausstellung von 1908 Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie war, hat sich an des Großherzogs großem Bauprojekt dieser Jahre beteiligt: den neuen Kuranlagen von Bad Nauheim. Ernst Ludwig hatte zum Leiter der eigens dafür geschaffenen Baubehörde den in Darmstadt geborenen und an der Technischen Hochschule ausgebildeten jungen Architekten Wilhelm Jost benannt. Dieser schuf zwischen 1905 und 1911 mit dem „Sprudelhof“ und der Trinkkuranlage in Bad Nauheim ein einmaliges Ensemble, das basierend auf Vorbildern der Renaissance und des Barock durch die Elemente des Darmstädter Jugendstils späterer Ausprägung seine ganz eigene Architektursprache fand.

Es entstand wie schon in Darmstadt auf der Mathildenhöhe auch in Bad Nauheim ein Gesamtkunstwerk, zu dem mit dem Bildhauer Heinrich Jobst, dem Keramiker Jakob Julius Scharvogel, dem Schmiedekünstler Ernst Riegel, dem Glasmaler Friedrich W. Kleukens und dem Gestalter Albin Müller gleich fünf der sieben großen Namen der Künstlerkolonie von 1908 beitrugen und das gestalteten, was bis heute ein architektonisches Juwel darstellt. Jobst hat dabei im „Sprudelhof“ seine Akzente gesetzt, mit den Arbeiten für die Badehäuser 2 und 7, mit dem Hessischen Löwen aus Bronze, vor allen Dingen aber mit der Einfassung der Sprudel im zentralen Innenhof der Anlage, darunter der „Große Sprudel“ von Bad Nauheim. Hier hat er sich mit seinem Entwurf im Wettbewerb sogar gegen den leitenden Architekten Jost durchsetzen können.

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Gruppenbild mit Raubtier: die Familie Jobst heute

Das Künstler-Gen hat er anscheinend nicht weitergegeben: Unter seinen Nachfahren hat keiner mehr den Weg eines Bildhauers eingeschlagen. Das war bei ihm noch anders. Heinrich Jobst selbst war Sohn eines Steinmetzes, als er am 6. Oktober 1874 im bayerischen Schönlind nördlich von Regensburg auf die Welt kam. Jung, direkt nach der Schulzeit trat er mit 14 Jahren in die Fußstapfen seines Vaters, wurde zunächst Steinmetz und anschließend an der Münchner Kunstakademie zum Bildhauer ausgebildet. Spät, erst mit 50 Jahren, hat er am 19. November 1924 geheiratet, eine Frau, die erheblich jünger war als er. Der Altersunterschied zwischen ihm und Felicitas Jobst betrug 22 Jahre. Mit ihr bekam er im fortgeschrittenen Alter noch vier Kinder, eine Tochter und drei Söhne.

Zu seinem 150. Geburtstag sind auf diesem Bild vom 6. Oktober 2024 gleich drei Generationen Jobst zu sehen: die beiden Töchter seines Sohnes Heinz, die Enkelinnen Beate Jobst (ganz links) und Sabine Deuker geborene Jobst (ganz rechts), sowie deren Tochter, die Urenkelin Marina mit der Ururenkelin Nora auf dem Schoß. Enkel Steffen Jobst, ebenfalls beim Geburtstagstreffen in Bad Nauheim dabei, stammt aus der Linie seines jüngsten Sohnes Wolfgang. Insgesamt können sich 4 Kinder, 9 Enkel, 8 Urenkel sowie 2 Ururenkel zu seinen Nachfahren zählen.

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Tierisch erotisch: Der Keramikhof im Badehaus

Es ist das letzte Badehaus im Rund der Arkaden: die Nummer 7 im Sprudelhof der historischen Badeanlage von Bad Nauheim. In der luxuriös ausgestatteten Wartehalle empfängt einen noch die Formenstrenge des Art Deco, doch gleich dahinter beginnt ein lustvolles Spielen und Treiben. Denn im Keramikhof von Heinrich Jobst springen Frösche über Bänke, tummeln sich Fische, kriechen Seeschlangen, und ein Brunnen mit nackten Nixen in anregenden Posen steigert das bukolische Lebensgefühl dieses ganz besonderen Badeorts. Für den Bildhauer der Künstlerkolonie Darmstadt war dieses 1907 sein erstes großes Projekt für Großherzog Ernst Ludwig, der ihn als Nachfolger von Ludwig Habich kurz zuvor an die Mathildenhöhe berufen hatte. Er war jung, 32 Jahre alt und sprühte vor Fantasie und Einfallsreichtum.

Sehr inspirierend hat auf ihn wohl eine Italienreise gewirkt, auf die ihn der Großherzog gleich zu Beginn schickte. Zusammen mit dem leitenden Architekten der Bad Nauheimer Anlage, Wilhelm Jost, und seinem Darmstädter Kollegen, dem Keramiker Jakob Julius Scharvogel, reiste er in den Süden. Ihr Auftrag: Anregungen für die Gestaltung und Ausschmückung der im Bau befindlichen Badeanlagen zu gewinnen. Der ganz in Terrakotta gestaltete Innenhof ist das sichtbare Ergebnis dieser italienischen Eindrücke.

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Eine richtig runde Sache zum runden Geburtstag!

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Let’s Celebrate! Jubiläum: 150 Jahre Heinrich Jobst

Am Hochzeitsturm: feinste Bildhauerarbeit von Heinrich Jobst (1874 – 1943).

Der Bildhauer und Medailleur Heinrich Jobst feiert heute seinen 150. Geburtstag. Am 6. Oktober 1874 wurde er als Sohn eines Steinmetzes in einem Dorf in Nordbayern geboren. 1906 wurde er als Nachfolger von Ludwig Habich nach Darmstadt an die Künstlerkolonie berufen. Er hat sowohl für die 3. Ausstellung auf der Mathildenhöhe von 1908 als auch für die letzte von 1914 bedeutende Beiträge geleistet. Sein bekanntestes und sichtbarstes Werk ist das großformatige Relief über dem Eingang des Hochzeitsturms, dem Wahrzeichen der Stadt Darmstadt. Im Rosenhof, der sich früher in der Mitte der einst dreiflügeligen Anlage des Ausstellungsgebäudes befand, stand einst sein großer Löwe aus Bronze, so prächtig und mächtig wie die bekanntesten Raubtiere von Jobst: die zwei Löwen vor dem Landesmuseum in Darmstadt. Der „Schreitende Löwe“ aus dem Rosenhof ist später umgezogen und heute in Bad Nauheim zu bewundern. Denn bei der Gestaltung der Jugendstilanlage und deren berühmten „Sprudelhof“ hat Jobst ganz besondere Akzente gesetzt. Es gibt keinen besseren Ort in Deutschland, um einen Einblick in die ganze Vielseitigkeit dieses Ausnahmekünstlers zu erhalten.

Freuen Sie sich auf ein „Bad Nauheim“-Spezial von 23 Quer!

Morgen geht*s los!

Die Löwen der Mathildenhöhe: Gut gebrüllt, Stadtkrone!

Hier herrscht der Regent von Hessen-Darmstadt, hier ist großherzogliches Gelände. An vielen Stellen des einzigartigen Ensembles Mathildenhöhe wird dies sichtbar. Das beliebteste Motiv der Künstler dabei: ganz viele Wappen mit einem Löwen. Wie auch zu sehen an diesem Relief, das den Eingang des Hochzeitsturms außen krönt. Bildhauer Heinrich Jobst, Mitglied der Künstlerkolonie, liefert mit dieser Bildtafel aus Stein wichtige Informationen über das Geschenk, das die Stadt Darmstadt dem Paar errichtet hat: Zum Gedächtnis der Vermählung Ihrer Königlichen Hoheiten | des Großherzogs Ernst Ludwig und der Großherzogin Eleonore | errichtet von der Stadt Darmstadt anno 1907/1908. Zwischen der dreigeteilten Inschrift finden sich die herrschaftlichen Wappenschilder von Braut wie Bräutigam. Und da beide Hoheiten einen Löwen als Wappentier besitzen, tritt das Raubtier hier gleich doppelt auf.

Anno 1905 war die Vermählung, wie ebenfalls zu lesen, ganz oben zwischen den vier Allegorien. Mit Stärke und Weisheit, Gerechtigkeit und Milde soll der Herrscher walten über sein Großherzogtum. Wenn man genau hinguckt, dann sieht man in diesem Relief noch einen dritten Löwen, allerdings nicht in einem Wappen, sondern als eigenständige plastische Arbeit bei einer der vier Figuren. „Stärke“, wer könnte das besser symbolisieren als ein Löwe, der die erste allegorische Dame von links begleitet und dessen Schwanz man sehr gut zu ihren Füßen erkennen kann?

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Die Löwen sind los! Jobst und die „City of Lions“

Darmstadt hat seine Lilien – und Darmstadt hat seine Löwen. Davon wimmelt es im Stadtbild geradezu überall, auf Stadtwappen, über Eingängen, an Brunnen. Von Hunderten gar sprechen die, die sich auf die Löwenjagd am Woog begeben haben und sie zählten. Einer, der besonders gewaltige Exemplare hinterlassen hat, ist der Bildhauer Heinrich Jobst, Mitglied der Künstlerkolonie. Nicht so sehr oben auf der Mathildenhöhe, sondern eher unten in der City sehen wir sein Werk – genauer am Cityring. Dort, vor dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt (HLMD), stehen seit 1912 zwei besonders prächtige Exemplare aus seinem Atelier, und lassen heute täglich den Berufsverkehr an sich vorbeiziehen.

Sie sind die Wahrzeichen des Landesmuseums: die zwei Bronze-Löwen mit den langen Mähnen und den beeindruckenden Muskeln, die den Eingang flankieren.
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In Memoriam II: Noch drei Künstler, noch drei Gräber

Von den 23 Künstlern der Künstlerkolonie Darmstadt haben sechs ihre letzte Ruhestätte in Darmstadt und der näheren Umgebung gefunden. Vor einem Jahr hat 23 Quer die Gräber der Gründergeneration und frühen Künstlerkolonisten der Ausstellungen von 1901 und 1904 besucht und ihrer besonders gedacht. Nach dem ersten Teil über Joseph Maria Olbrich, Ludwig Habich und Daniel Greiner aus dem November 2020 folgt nun der zweite: Er führt ebenfalls zu drei Gräbern bedeutender Künstler: Sie haben für die Ausstellungen von 1908 und 1914 Großes geleistet. Vor langer Zeit sind sie gestorben. Doch uns haben sie so viel Bleibendes von außergewöhnlichem Wert hinterlassen, dass es nun sogar schützenwert für die gesamte Menschheit, UNESCO Weltkulturerbe, ist.

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Ab jetzt wird alles anders

1908 bildet einen Meilenstein in der Geschichte der Mathildenhöhe. Die Stadtkrone entsteht mit Hochzeitsturm und neuem Ausstellungsgebäude: Joseph M. Olbrichs letzte Entwürfe für Darmstadt, die er wie so oft in bezaubernden Aquarellen festhält. Albin Müller wird in diesem Jahr neuer Chefarchitekt. Drei der sieben vom Großherzog verpflichteten Künstler sind zudem auch Firmenchefs. Die nächste Generation der Künstlerkolonie Darmstadt läuft zu großer Form auf.

Sie gestalten ein riesiges Ausstellungsareal, das sich von West nach Ost über den gesamten Musenhügel zieht. Vieles davon war nur für einen Sommer gebaut. Umso schöner anzusehen sind die historischen Bilder von der Hessischen Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst, die sich erstmals mit ihrer Schauseite Richtung Stadt präsentiert. Die Mathildenhöhe Darmstadt erhält ein gänzlich neues Gesicht. Ihr schönstes, was nicht Wenige bis heute zur äußerst stimmigen städtebaulichen Anlage von 1908 sagen.

Ab dem 3. September hier zu lesen auf 23 Quer!

„Wir danken Euch allen!“ 23 Köpfe und ihr Weg in die Moderne. Ein Portrait.