
Ohne Natur ist die Architektur von Joseph Maria Olbrich nicht zu denken. Er „komponierte seine Gebäude in die Natur hinein […]: Sie wächst innerhalb der Vegetation, die aber niemals wild und unkultiviert ist, sondern den Eindruck eines Gartens oder Parks beibehält. Das Bauwerk soll eine Erlebniseinheit mit der sie umgebenden Natur bilden“, heißt es bereits 1983 im Katalog, der die Darmstädter Ausstellung zu Olbrichs 75. Todestag begleitete.
Diese enge Verbindung von Natur und Bauwerk zeigt seit 1908 eindrucksvoll der Hochzeitsturm, der förmlich aus einem grünen Fundament Richtung Himmel emporwächst. Olbrich gelingt dieser Effekt durch lange Reihen von prächtig bepflanzten Pergolen, die er in bis zu dreistöckigen Kaskaden um den kompletten Hügel mit dem auf ihn thronenden Ausstellungsgebäude zieht. In seinen Entwurfszeichnungen und auch hier in diesem Aquarell von Olbrich mit der Ansicht von Nordosten, der Rückseite, ist das besonders schön nachzuvollziehen – und wenn die letzten Bauzäune fallen auch schon sehr bald wieder in natura auf der Mathildenhöhe.
Aquarell – Mathildenhöhe Darmstadt (Hrsg.): Joseph Maria Olbrich, 1867 – 1908, Architekt und Gestalter der frühen Moderne. Katalog zur Ausstellung vom 7.2. – 24.5.2010, Ralf Beil, Regina Stephan, Hatje Cantz Verlag, Darmstadt, 2010, S. 391. | Zitat – Wolbert, Klaus: „… wie ein Tempel in einem heiligen Haine“. Olbrichs semantische Architektur und die Utopie eines ästhetisch überhöhten Lebens in Schönheit und Feierlichkeit, S. 76.